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Trumps Kampagne wirbt bereits mit dem T-Shirt um Wahlkampfspenden.

© winred.com

T-Shirts mit Verbrecherfoto als Verkaufsschlager: Wie Trump seine Anklage in Georgia vermarktet

Merchandising mit dem „Mug Shot“ als Devotionalie und Massenware: Donald Trump macht sein Verbrecherfoto ohne Skrupel zu Geld – und will Millionen für seine Wahlkampagne einspielen. 

Niemals auch nur einen Schritt zurückweichen, immer zum Gegenangriff übergehen – diese Devise kennt alle Welt von Donald Trump. Nicht nur in seinem politischen, sondern auch in seinem ökonomischen Kalkül. Selbst mit Situationen, die anderen Menschen peinlich sind und sie kleinlaut werden lassen, lässt sich im Zweifel noch ein Vermögen verdienen.

Es lag also nahe, dass Trump überlegen würde, wie er das erste Verbrecherfoto eines Präsidenten in der US-Geschichte offensiv einsetzen und zu Geld machen kann. Im Wahlkampf 2024 wird man T-Shirts mit dem so genannten „Mug Shot“ in Massen sehen. Seine Anhänger werden sie so stolz und gläubig tragen wie andere Menschen Konterfeis ihrer Lieblingssänger oder ihre religiösen Symbole und Devotionalien.

Seinen kurzen Auftritt im Fulton County Jail in Georgia, wo Trump sich der US-Justiz in seinem vierten Prozess stellte, hat er zum Auftakt der PR-Kampagne für das Merchandising umfunktioniert. Das Verbrecherfoto und die Körpermaße, die der Staat bei solchen Anlässen registriert, gehörten zu den meist diskutierten Themen im Internet in den vergangenen 24 Stunden.

Rückkehr auf Twitter nach gut zwei Jahren

„6’3 215. Ein absoluter Top-Athlet“, twitterte Trumps PR-Maschine sogleich. Die Zahlen stehen für 1, 90 Meter Körperlänge und 97,5 Kilo Gewicht. Dies waren die Maße Trumps, die auf dem Polizeirevier von ihm genommen wurden.

Die Kampagne versprach außerdem allen, die 47 Dollar oder mehr für den Wahlkampf spenden, ein kostenloses T-Shirt mit dem Verbrecherfoto und der Aufschrift „NEVER SURRENDER!“ (Niemals aufgeben!). Die Zahl 47 steht symbolisch dafür, dass Trump zum 47. Präsidenten der USA gewählt werden möchte.

Auch Trump selbst kehrte nach zwei Jahren nach teils erzwungener, teils freiwilliger Inaktivität zum Kurznachrichtendienst Twitter zurück, der nun „X“ heißt. Dort postete er das Verbrecherfoto.

Die Pose beim „Mug Shot“ wirkt einstudiert

Beim Blick auf den „Mug Shot“ drängt sich der Eindruck auf, dass Trump sich Haltung und Gesichtsausdruck genau überlegt und einstudiert hat – auch um die größte Wirkung für den T-Shirt-Verkauf zu erzielen.

Ernster Blick leicht von oben herab, so reflektiert der volle blonde Haarschopf das Licht, nimmt viel Raum ein und reduziert den Flächenanteil des orangefarbenen Gesichts, das zum Großteil im Schatten bleibt.

Donald Trump: der erste US-Präsident auf einem Verbrecherfoto.
Donald Trump: der erste US-Präsident auf einem Verbrecherfoto.

© Imago/Fulton County Sheriff's Office

Haarfarbe? Da tut sich die Justiz schwer

Den farblichen Kontrast bilden die blauen Augen mit ihrem stechenden Blick unter den dichten Augenbrauen. Bei der Beschreibung der Haarfarbe tut sich die Justiz schwer: „blonde or strawberry“ (blond oder erdbeerfarben).

Trumps Medienstrategie ist mal wieder voll aufgegangen. Kaum jemand interessierte sich am Donnerstag für die TV-Debatte der übrigen republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Das große Thema der Medien und sozialen Netzwerke waren Trump, der „Mug Shot“ und die T-Shirts.

In Trumps Welt werden die Prozesse gegen ihn als Mega-Happenings ähnlich einem Rockkonzert dargestellt. Soll heißen: anhaben können sie ihm nichts.

Eine offene Fragen ist, wie viele Menschen Trump mit der Umwertung eines Verbrecherfotos zum Symbol einer Werbekampagne erreicht und überzeugt. Erreicht die Strategie nur die bereits Überzeugten oder ist sie über deren Kreis hinaus attraktiv?

Wie reagieren die „Independents“, die nicht parteigebundenen Wähler, ohne die keines der beiden parteipolitischen Lager gewinnen kann? Es könnte auch sein, dass viele von ihnen die Justiz als unverzichtbaren Stützpfeiler von Demokratie und Rechtsstaat betrachten und es übel nehmen, wenn Trump sie lächerlich macht.

Selbst wenn es mit der Präsidentschaft nichts werden sollte, Trump hat sich einen weiteren Eintrag in die Chronik historischer Premieren verdient: der Geschäftsidee, dass ein Verbrecherfoto selbst für einen Präsidenten keinen Makel darstellen muss. Sondern Geld einbringen kann. Ein weiteres Beispiel für eine Neuauflage seines Bestsellers „The Art of the Deal“.

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