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Ein Soldat einer Mörser-Einheit der ukrainischen Streitkräfte hält sich die Ohren zu.

© dpa/Mykhaylo Palinchak

Ukraine-Invasion Tag 441: Nach Monaten kann sich die Ukraine wieder über einen Erfolg in Bachmut freuen

Spekulationen über Lukaschenkos Gesundheit, Russland bereitet Austritt aus KSE-Vertrag vor, Wagner-Chef Prigoschin kann das Klagen nicht lassen. Der Ukraine-Überblick am Abend.

Der Kampf um Bachmut gilt als die längste und blutigste Schlacht seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Heute kamen von ukrainischer Seite – nach langer Zeit wieder – Erfolgsmeldungen. Nach eigenen Angaben hat das Militär eine ganze Brigade der russischen Truppen in die Flucht geschlagen. 

„Die Angriffe wurden auf einer Breite von drei Kilometer und einer Tiefe von 2,6 Kilometer durchgeführt“, sagte der Gründer des ukrainischen Regiments Asow, Andrij Bilezkyj, bei Telegram, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet. Zuvor hatte sich Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin darüber beklagt, dass russische Truppen die Stellungen verlassen würden.

Der Kampf um Bachmut – er ist längst zu einem Symbol eines nicht enden wollenden Krieges geworden. Reporter der britischen BBC waren kürzlich vor Ort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Sie sprachen mit ukrainischen Soldaten, um einen Eindruck davon zu bekommen, warum Bachmut auch für die Moral der Ukrainer so wichtig ist (Quelle hier).

Denn selbst wenn Russland die Kontrolle über die Stadt erlangen würde, so wäre es doch ein Pyrrhussieg, schreiben die Kollegen von der BBC. Die Beute sei eine zertrümmerte, skelettierte Stadt, in der kaum ein Gebäude unversehrt geblieben und die gesamte Bevölkerung verschwunden sei.

Und dennoch will keine Seite den blutigen und verlustreichen Kampf aufgeben. So sagt etwa der ukrainische Soldat Mykola der BBC, dass die Verteidigung auch für die Ukraine kostspielig war. Viele Soldaten hätten ihr Leben gelassen, und es sei schwer, in den engen Straßen zu kämpfen. Aber auch Prigoschin hatte immer wieder von hohen Verlusten seiner Söldner berichtet.

Der 29-jährige Ukrainer Jewhen kämpft mit der 28. Brigade im Süden der Stadt. „Der ganze Sinn von Bachmut besteht darin, den Feind dort zu halten“, sagte er der BBC. Wenn die Ukraine die Stadt und Region aufgäbe, würde sie später nur noch mehr Menschenleben verlieren, so der Soldat. „Wir könnten uns zurückziehen, um ein paar Menschenleben zu retten, aber dann müssten wir zum Gegenangriff übergehen und würden noch mehr verlieren.“

Ein Ziel auch, die Kapazitäten der russischen Armee auch im Hinblick auf die erwartete Frühjahrsoffensive zu verringern. Ob das noch funktioniert, war unter Experten zuletzt aber umstritten. Währenddessen ist der Druck groß, diese zu einem Erfolg werden zu lassen. Als Jewhen von den BBC-Reportern gefragt wird, ob dieser Druck auch an der Front zu spüren ist, antwortet er, er wisse, dass es nicht einfach werde, aber: „Wir haben bereits die Meinung der ganzen Welt über die ukrainische Armee geändert, und wir haben noch viele Überraschungen zu bieten.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko hat mit gequälter Miene an den Siegesfeiern in Moskau teilgenommen und diese vorzeitig verlassen. Videos befeuern nun Spekulationen über die Gesundheit des Autokraten. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Nach dem Abfang-Manöver eines russischen Kampfjets, der sich nach Angaben Warschaus einem polnischen Flugzeug gefährlich genähert haben soll, hat das polnische Außenministerium den russischen Botschafter einbestellt. Dem Diplomaten sei eine Protestnote überreicht worden, hieß es. Mehr dazu hier.
  • Russland bereitet den offiziellen Austritt aus dem Abrüstungsvertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) vor. Das geht aus einer Anordnung von Präsident Wladimir Putin hervor, die der Kreml am Mittwoch veröffentlichte. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Die USA haben nach eigenen Angaben eine russische Cyberspionage-Operation zerschlagen, mit der sensible Daten von Computern in den USA und anderen Nato-Staaten gestohlen wurden. Die Hacker benutzten dafür das „Snake“-Programm, das die Ermittler einer Einheit des russischen FSB zuschreiben. Mehr hier.
  • Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hat die Drohung, seine Söldner aus Bachmut abzuziehen, bisher nicht umgesetzt. Die US-Denkfabrik „Institute for the Study of War“ sieht darin einen Erkenntnisgewinn seitens Prigoschins: Er ist abhängiger vom russischen Verteidigungsministerium, als ihm lieb ist. Mehr hier.
  • Nach dem ukrainischen Verteidigungsminister hat auch Außenminister Dmytro Kuleba vor zu hohen Erwartungen an die Frühjahrsoffensive gewarnt. „Betrachten Sie diese Gegenoffensive nicht als die letzte, denn wir wissen nicht, was dabei herauskommen wird“, sagte er der „Bild“. Mehr dazu hier.
  • Washington hat ein neues Milliardenpaket für Militärhilfe zugunsten der Ukraine geschnürt. US-Außenminister Blinken sieht Kiew nun gerüstet für die Offensive zur Rückeroberung besetzter Gebiete. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Die Nato sieht die russische Armee in der Ukraine in einer zunehmend schwierigen Situation. „Russland ist im 15. Monat eines Krieges, von dem es dachte, er würde drei Tage dauern“, sagte der Vorsitzende des Militärausschusses, Admiral Rob Bauer. Er fügte hinzu: „Goliath wankt.“ Mehr im Newsblog.
  • In der Schweiz liegen insgesamt 7,4 Milliarden Franken (knapp 7,6 Milliarden Euro) an Reserven und Vermögenswerten der russischen Zentralbank. Das berichtete das Wirtschaftsministerium in Bern.
  • Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat mit Blick auf den Ukraine-Krieg an Chinas Verantwortung als Mitglied des UN-Sicherheitsrates appelliert. „China hat als ständiges Mitglied des Weltsicherheitsrats die besondere Verantwortung, für den Weltfrieden zu sorgen“, sagte sie in Paris.
  • Die Wagner-Gruppe wird einem Bericht zufolge nicht auf die Terrorliste der EU gesetzt. „Die rechtlichen Voraussetzungen für eine EU-Listung als Terrororganisation sind hoch“, zitiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ eine Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine Frage aus der Unionsfraktion.
  • Die russische Ölpipeline Druschba ist nach Angaben des Betreibers Transneft angegriffen worden. Es habe keine Verletzten gegeben, teilte das Unternehmen der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge mit. Der Vorfall habe sich an einem Füllpunkt auf russischer Seite ereignet.
  • Das US-Verteidigungsministerium hat den ukrainischen Abschuss einer russischen Hyperschallrakete mit dem Patriot-System bestätigt. Die Ukrainer hätten mithilfe des US-Flugabwehrsystems die Rakete abgefangen, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder. 
  • Der ukrainische Generalstab hat mitgeteilt, dass russische Soldaten Mitarbeiter des Atomkraftwerks Saporischschja daran hindern, die Gegend zu verlassen. Konkret geht es darum, dass die Mitarbeiter die Stadt Enerhodar im Zuge der Evakuierungen verlassen wollen – so hatten es die Besatzer angekündigt.
  • Großbritannien will die Wagner-Truppe formell als terroristische Organisation einstufen, um den Druck auf Russland zu erhöhen, berichtet die Zeitung „The Times“. Zuvor hatte das französisches Parlament erklärt, die Wagner PMC zur „terroristischen Vereinigung“ zu deklarieren. 
  • Ein französischer Journalist ist bei einem Raketenangriff in der Ukraine ums Leben gekommen. Wie die französische Nachrichtenagentur AFP am Dienstag mitteilte, wurde ihr Videojournalist Arman Soldin am Nachmittag in der Nähe der ostukrainischen Stadt Bachmut getötet.

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