zum Hauptinhalt
Der Bundeskanzler Olaf Scholz beim SPD-Parteitag.

© Imago/Bernd Elmenthaler

Kanzlerdämmerung auf dem Parteitag: Die SPD gibt sich wie eine Oppositionspartei

Die SPD stellt den Kanzler. Doch Lob für die Bundesregierung war beim Parteitag bisher kaum zu hören. Kein Wunder in dieser Lage.

Ein Kommentar von Daniel Friedrich Sturm

„Gegen das Land“ arbeite er, zeige „keine Liebe zum Land“ und betreibe „politischen Vandalismus“. So schimpfte Saskia Esken in ihrer Bewerbungsrede für den SPD-Vorsitz. Esken widmete sich damit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Lars Klingbeil veralberte Merz in seiner Bewerbungsrede ein paar Minuten später als „Friedrich von Gestern“.

Selten hat sich die größte Regierungspartei Deutschlands kleiner gemacht als die SPD zu Beginn ihres dreitägigen Bundesparteitages. Wer selbst nichts zu bieten hat, sucht sich Pappkameraden, Feindbilder. Das Wettern gegen die Union offenbart die derzeitige Schwäche der Sozialdemokraten, ihr mangelndes Selbstwertgefühl, ihre fehlende Selbstgewissheit.

Bei den Attacken auf die Union handelt es sich um eine Stellvertreter-Aggression. Die Vorwürfe sind deshalb teils unehrlich, verlogen. Den großen Groll spüren die Sozialdemokraten schließlich gegen die FDP, ihren Koalitionspartner also, mit dem sie doch eine „Fortschritts-Regierung“ führen wollten. Nur zwei Jahre ist das her.

Auch in der Analyse der Lage des Landes zeigt die SPD ein frappierendes Kurzzeitgedächtnis. „In 16 Jahren unionsgeführter Regierung ist Deutschland träge geworden“, verkündete Saskia Esken. Nur zur Erinnerung: In zwölf der 16 Jahre regierte die SPD an der Seite der Union. Dass die SPD in jenen Jahren stets für Dynamik und Flexibilität gekämpft hat, muss uns entgangen sein.

In diversen Reden verlangten SPD-Delegierte am Freitag eine Abschaffung der Schuldenbremse „sofort“, morgen also, wenn nicht heute. Das klingt schon ziemlich nach alter sozialdemokratischer Oppositionsrhetorik, um nicht zu sagen nach: Wolkenkuckucksheim. Eher holt die SPD bei der nächsten Bundestagswahl 32 Prozent, als dass die Schuldenbremse demnächst aus dem Grundgesetz purzeln wird.

Wer die verbalen Attacken auf die Union und die oppositionssehnsüchtigen Vorschläge hört, dem fällt eins umso mehr auf: Lobgesänge auf die von der SPD geführte Bundesregierung und Olaf Scholz sind kaum noch zu hören. Kein Wunder in dieser Lage. Ein Hauch von Kanzlerdämmerung liegt in der Luft.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false