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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will Extremisten den Geldhahn abdrehen.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Mehr Befugnisse für den Verfassungsschutz: Faeser will Extremisten den Geldhahn zudrehen

Die Innenministerin will Finanzströme von Extremisten einsehen und nachverfolgen. Dazu soll der Verfassungsschutz künftig leichter Auskünfte einholen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will mit einer Änderung des Verfassungsschutzgesetzes Rechtsextremisten in Deutschland langfristig den Geldhahn zudrehen. Dazu will die SPD-Politikerin den Inlands-Nachrichtendienst mit mehr Personal und Befugnissen ausstatten, damit Nachforschungen zu Finanzströmen extremistischer Gruppierungen einfacher möglich sind. Ein entsprechendes Gesetzesvorhaben wird derzeit im Bundesinnenministerium vorbereitet.

Mit dem Gesetz soll der Verfassungsschutz ohne große Hürden Auskünfte zu Konten und Finanztransaktionen einholen können. Ziel ist es, dadurch einen besseren Überblick über persönliche und finanzielle Verbindungen in rechtsextremen Netzwerken zu erhalten. „Niemand, der an rechtsextreme Organisationen spendet oder sie in anderer Form finanziell unterstützt, soll sich darauf verlassen können, hierbei unentdeckt zu bleiben“, heißt es aus dem Ministerium.

Nachrichtendienstliche Erkenntnisse könnten neue Verbindungen der AfD zutage fördern

Allerdings leistet der Nachrichtendienst damit nur Aufklärungsarbeit über die Geldbewegungen, beschlagnahmt wird das Geld deshalb nicht. Sobald die Verfassungsschützer jedoch Hinweise auf strafrechtlich relevante Vorgänge finden, können diese Finanzierungsströme unterbrochen werden.

Im Einzelfall können finanzielle Verbindungen, die auf diese Weise offengelegt werden, auch dazu führen, dass das Gefährdungspotenzial bestimmter Gruppierungen wie beispielsweise einzelnen Landesverbände der AfD neu bewertet werden.

Geldinstitute sind daran interessiert, mit Verfassungsfeinden keine Geschäfte zu machen.

Miro Dittrich forscht am Center für Monitoring, Analyse und Strategie zu Rechtsextremismus.

Bislang kann der Verfassungsschutz Finanzaktivitäten von Extremisten nur dann nachgehen, wenn einer Gruppierung ein Gewaltbezug nachgewiesen werden kann oder „zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung“ aufgestachelt wird. Künftig soll zusätzlich ausschlaggebend sein, ob die freiheitliche demokratische Grundordnung bedroht sein könnte.

Die Verfahren sollen durch die Änderung schneller und unbürokratischer werden: Bisher gelten für die Auskunft, wo eine Person ein Girokonto hat, die gleichen Voraussetzungen wie für eine Telekommunikationsüberwachung. Beide Maßnahmen müssen von einer Kommission genehmigt werden, die an den Bundestag angeknüpft ist.

Rechtsextremismusforscher hofft auf Erkenntnisse zu Geschäften der AfD

Für Miro Dittrich, vom Center für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas), ist Faesers Vorstoß „ein Fortschritt in dem Gesamtplan, Finanzströme der Rechtsextremisten auszutrocknen“. Das Zentrum hatte im September einen Bericht vorgelegt, in dem sie die vielfältigen Finanzierungswege von Rechtsextremisten untersucht hatten. Bisher hätten Akteure aus diesem Umfeld sehr genau gewusst, wie sie den Verdacht der Volksverhetzung umschiffen, sagt der Rechtsextremismusforscher dem Tagesspiegel.

Durch die Gesetzesänderung könne sich der Verfassungsschutz Verbindungen anschauen und möglicherweise den Bogen spannen, wie die AfD an der Finanzierung dieser Akteure beteiligt ist, sagt Dittrich. Außerdem könnten Banken angewiesen werden, Konten zu schließen. „Geldinstitute sind daran interessiert, mit Verfassungsfeinden keine Geschäfte zu machen.“

Der Innenpolitikerin Andrea Lindholz (CSU) geht Faesers Vorstoß nicht weit genug.
Der Innenpolitikerin Andrea Lindholz (CSU) geht Faesers Vorstoß nicht weit genug.

© dpa/Fabian Sommer

Die Vizevorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Andrea Lindholz, hält die Erweiterung ebenfalls für sinnvoll. „Es darf aber nicht nur um Rechtsextremismus gehen. Der Verfassungsschutz muss auch die Finanzströme des politischen Islamismus näher in den Blick nehmen“, sagte die CSU-Politikerin dem Tagesspiegel. Lindholz befürchtet, dass die Ampelkoalitionspartner von Grünen und FDP den Vorschlag aus dem Innenministerium torpedieren.

Grüne wollen Rechtsextremisten den finanziellen Nährboden entziehen

Zumindest Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss, signalisiert generelle Unterstützung: „Es ist unerlässlich, dass wir den Rechtsextremisten den finanziellen Nährboden entziehen und ihre Netzwerke effektiver aufspüren.“ Spenden aus dem Ausland, Finanzierung durch Konzerte oder die Akquirierung über soziale Medien seien ein fester Bestandteil dieser Klientel.

Emmerich fordert ein „schlüssiges und effektives Gesamtkonzept“. Dazu gehöre auch, dass „Innen- und Finanzministerium etwas gegen die oft zersplitterten Zuständigkeiten und die mangelnde Personalausstattung tun und das Thema Vermögensermittlung vorantreiben“, sagte der Grünen-Politiker dem Tagesspiegel.

Schon in der jüngeren Vergangenheit wurde der Bereich Finanzermittlung des Verfassungsschutzes personell aufgestockt. Mit dem neuen Gesetz könnten neue Stellen verbunden sein. Die Gesetzesänderung ist Teil des „Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“, den die Innenministerin im März 2022 vorgestellt hatte. Von den darin enthaltenen Maßnahmen wurde ein Teil inzwischen umgesetzt.

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