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Beamte der Bundespolizei stehen am deutsch-polnischen Grenzübergang Stadtbrücke in Frankfurt (Oder) und kontrollieren Einreisende.

© dpa/Patrick Pleul

Was ist eigentlich „illegale Migration“?: Die Bedeutung der wichtigsten Begriffe in der Migrationsdebatte

Eine hitzige Debatte um den Umgang mit Geflüchteten ist entbrannt. Doch worüber redet die Politik überhaupt? Migration, Flüchtlinge, Abschiebung – wir erklären die Begriffe im Glossar.

Angesichts der Bilder des völlig überfüllten Erstaufnahmelagers auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa hat die öffentliche Debatte in Deutschland um den Umgang mit Migration und Geflüchteten noch einmal an Fahrt aufgenommen. Jedoch wird bereits seit Monaten hitzig über eine mögliche Begrenzung der Migration diskutiert.

Kommunen und Länder melden, dass sie bei der Aufnahme der Geflüchteten an ihre Belastungsgrenzen kämen. Bundeskanzler Scholz hatte einen „Deutschland-Pakt“ zwischen den Beteiligten vorgeschlagen. Doch seitdem ist nicht viel passiert.

Auch auf EU-Ebene sind die Staaten derart zerstritten, dass Verhandlungen über eine gemeinsame Asylreform stillstehen – auch wenn Scholz zuletzt ein Machtwort gesprochen hat. Zumindest scheint Einigkeit von mehreren Seiten zu bestehen, dass „illegale Migration“ verhindert werden soll. Doch was ist damit überhaupt gemeint? Ein Glossar der wichtigsten Begriffe in der Migrationsdebatte.


Was bedeutet Migration?

Als Migration wird Mobilität und die längerfristige Verlagerung des Lebensmittelpunktes von Menschen bezeichnet, heißt es von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Damit unterscheidet sie sich vom Tourismus. Das kann innerhalb eines Staates sein, dann spricht man von Binnenwanderungen oder Binnenmigration. Über Staatsgrenzen hinweg wird von internationaler Wanderungen oder Migration gesprochen.

Die Vereinten Nationen (UN) definieren Wanderungen mit einem Aufenthalt von drei bis zwölf Monaten als temporäre Migration. Als dauerhafte Migration werden Aufenthalte von mehr als einem Jahr bezeichnet.

In Deutschland gelten laut bpb alle Personen, die im Ausland geboren und nach Deutschland gezogen sind, als Migrant:innen, unabhängig von den Gründen, wie beispielsweise Flucht.


Was ist mit „illegaler“ Migration gemeint?

Menschen, die sich ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland befinden, werden teilweise als „illegale Migrant:innen“ bezeichnet. „Der Begriff ist umstritten“, sagt Bernd Kasparek vom Institut für Empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität Berlin dem Tagesspiegel. Üblich ist die Bezeichnung „irreguläre Migration“.

Der Begriff der ‚illegalen Migration‘ ist unnötig stigmatisierend und sollte vermieden werden.

Bernd Kasparek, Institut für Empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität Berlin

Der Begriff „illegale Migration“ werde oft genutzt, um zu suggerieren, Migration sei illegitim und verstoße beispielsweise gegen Einwanderungs- oder Aufenthaltsgesetze, sagt Kasparek.

Geflüchtete warten am 4. November 2015 nahe Hanging an der deutsch-österreichischen Grenze in Hanging (Österreich) auf einer Wiese auf ihre Einreise nach Deutschland.

© dpa/Armin Weigel

Das Bundesinnenministerium verweist auf seiner Website auch auf Schleuserkriminalität im Zusammenhang mit irregulärer Migration. Diese ist nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) unter Strafe gestellt.

Gerade bei Flucht werde meist die unautorisierte Grenzüberschreitung gemeint, sagt Kasparek. „Hierbei wird oftmals übersehen, dass die Genfer Flüchtlingskonvention vorschreibt, dass schutzsuchende Personen nicht wegen eines unautorisierten Grenzübertritts bestraft werden dürfen“, sagt Kasparek.

Fast alle Asylsuchenden in Deutschland gelten zunächst als „illegal eingereist“. Sobald sie aber einen Asylantrag stellen, erhalten sie eine Aufenthaltsgestattung und halten sich dann gesetzeskonform in Deutschland auf, erläutert der Mediendienst Integration. „Der Begriff der ‚illegalen Migration‘ ist also unnötig stigmatisierend und sollte vermieden werden“, sagt Kasparek.


Wann spricht man von irregulärer Migration?

Als irreguläre Migrant:innen werden Ausländer:innen aus Drittstaaten (Nicht-EU-Länder) bezeichnet, die sich ohne Aufenthaltsstatus oder Duldung in Deutschland aufhalten. Somit sind sie von den örtlichen Behörden nicht erfasst.

Deshalb werden diese Menschen auch als „ohne Papiere“ oder „Sans Papiers“ bezeichnet. Die Bezeichnung kann irreführend sein, da die Personen meist über Papiere verfügen – beispielsweise einen ausländischen Pass –, nur eben keinen gültigen Aufenthaltstitel haben.

Die meisten Betroffenen sind zunächst legal mit Visum nach Deutschland oder Europa eingereist und dann nach Ablauf oder Verlust ihres Aufenthaltstitels im Land geblieben, sagt der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) dem Tagesspiegel. Zu der genauen Anzahl und den Lebensverhältnissen gebe es laut SVR kaum belastbare Daten.

Der SVR empfiehlt, nicht von irregulären Migrant:innen zu sprechen, sondern von irregulär aufhältigen Migrant:innen, um zu betonen, dass nicht der Mensch irregulär oder illegal ist, sondern sein Aufenthalt.


Folgen daraus Besonderheiten im Umgang?

Um aus der Irregularität zu kommen, brauchen irreguläre Migrant:innen eine Aufenthaltsgenehmigung. In Deutschland gibt es keine Programme für die sogenannte Regularisierung, sodass Menschen am ehesten zunächst eine Duldung erhalten.

Eine Duldung ist kein Aufenthaltsstatus, der beispielsweise das Arbeiten in Deutschland erlaubt, sondern lediglich eine Bescheinigung über die Registrierung der Person und die Information über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung. Seit 2015 können laut bpb gut integrierte „Langzeit-Geduldete“ ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland erhalten.

In anderen EU-Staaten gibt es offizielle Regularisierungsprogramme, beispielsweise in Spanien.


Was ist Asyl und wann wird es gewährt?

Schutzsuchende Menschen, die aufgrund von Krieg oder politischer Verfolgung in ein anderes Land fliehen, können dort einen Antrag auf Asyl stellen. In einem Asylverfahren werde dann geprüft, ob eine Person nach den Kriterien des Asylrechts tatsächlich schutzbedürftig sei, oder ob es andere Ausschlussgründe für eine Rückkehr in das Herkunftsland gebe, sagt Kasparek. „Ist dies der Fall, erlangt die schutzsuchende Person einen vorübergehenden Aufenthaltsstatus.“

Im Grundgesetz ist das Asylrecht für politisch Verfolgte verankert. Asyl wird auch Personen gewährt, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) als Geflüchtete gelten. Das ist der Fall, wenn einem Menschen Verfolgung droht, oder diese bereits erlitten hat. Auch die Gefahr für Leben und Freiheit kann ein Grund für eine Asylgewährung sein.

Ein zerstörtes Zelt nach einem mutmaßlichen Raketenangriff des syrischen Regimes auf ein Vertriebenenlager am Rande der Stadt Idlib in Syrien. Die Aufnahme wurde am 24. September 2023 gemacht.

© dpa/Anas Alkharboutli

Klima und Naturkatastrophen sind in der GFK nicht aufgelistet. Allerdings „könnte der Klimawandel zum Hauptfluchtgrund werden“, sagte António Guterres, heutiger Generalsekretär der UN, bereits 2009 auf dem Weltklimagipfel in Kopenhagen.

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Auch Kriege sind grundsätzlich kein ausreichender Grund. Hat ein Antrag auf Asyl keinen Erfolg, kann eine Person dennoch behelfsweise nach dem deutschen Asylgesetz (AsylG) sogenannt subsidiär schutzberechtigt sein. Das ist der Fall bei drohender Todesstrafe, Folterung, unmenschlicher Behandlung oder auch Krieg.


Wer hat den Status eines Flüchtlings?

Flüchtlinge sind laut der GFK Personen, die „aus der begründeten Angst vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Verfolgung“ aus dem Land geflüchtet sind, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Wohnsitz haben.

Geflüchtete aus der Ukraine stehen im März 2022 mit ihrem Gepäck vor den Gebäuden eines Flüchtlingsheims in Köln.

© dpa/Henning Kaiser

Laut SVR gelten rechtlich nur Personen als anerkannte Flüchtlinge, deren Asylantrag erfolgreich war. Demnach seien die Übergänge von Flucht und sonstigen Migrationsbewegungen oft fließend.


Was ist mit Rückführung gemeint?

Der Begriff Rückführung wird laut bpb häufig synonym zum Begriff „Abschiebung“ verwendet. Bei einer Abschiebung werden Migrant:innen unter Anwendung von Zwangsmitteln auch durch die Polizei aus dem Land ausgewiesen, wenn eine Person kein Aufenthaltsrecht (mehr) hat und einer Aufforderung zur Ausreise nicht freiwillig nachkommt. Auch wird mit der Abschiebung ein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot ausgesprochen, heißt es vom SVR.


Was steht einer Abschiebung entgegen?

Eine Abschiebung wird nur dann durchgesetzt, wenn die Ausreise auch erfolgen kann. Einer Abschiebung können rechtliche Gründe entgegenstehen, beispielsweise, wenn Grund- oder Menschenrechte verletzt werden würden.

Es gibt aber auch eine Reihe von sogenannten tatsächlichen Hindernissen, beispielsweise wenn eine Person keinen Pass hat, der Staat, in den abgeschoben werden soll, die Menschen nicht zurücknimmt oder seine Grenzen geschlossen hat oder auch wenn eine Person nicht reise- oder transportfähig ist. Kann eine Abschiebung nicht erfolgen, erhalten die Betroffenen eine Duldung.

„Besonders aufgrund mangelnder Kooperation der Herkunftsländer scheitern Rückführungen“, sagt Hans Vorländer, Vorsitzender des SVR, dem Tagesspiegel. Dafür müssten Migrationsabkommen ausgehandelt werden, die die Verantwortung zwischen EU und Drittstaaten aufteilten.

„Rücknahme-Verpflichtungen müssen also auch Angebote umfassen, die im Interesse der Herkunftsländer sind“, sagt Vorländer. „Es geht dabei vor allem um die Öffnung regulärer Zugangswege im Bereich der Arbeitsmigration und Migration zum Zweck der Aus- und Weiterbildung.“

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