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Waldbrände, wie hier auf Rhodos, werden meist durch Fahrlässigkeit oder Brandstiftung entfacht, doch Hitze und Dürre fördern die Brandgefahr.

© Imago/ANE Edition

Studie zu Wetterextremen: Aktuelles Hitzechaos in Südeuropa wäre ohne Klimawandel nicht passiert

Die Forschung sieht einen klaren Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und Hitzewellen. Und auch wenn Waldbrände meist durch Unachtsamkeit ausgelöst werden, steigt das Risiko durch Hitze und Trockenheit.

Schon die dritte Hitzewelle durchleidet Griechenland in diesem Sommer, bis zu 47 Grad wurden in den vergangenen Tagen gemessen. Viele Tausende Menschen sind auf Rhodos vor Flammen geflohen, auf anderen Inseln brennen ebenfalls die Wälder. Auch Frankreich, Italien und Spanien haben mörderische Temperaturen gemeldet. Ähnlich ergeht es den USA, und in China wurden Mitte Juli sogar historisch erstmalig 52,2 Grad im Schatten erreicht.

Weltweit war der Juni laut EU-Klimawandeldienst Copernicus seit Beginn der Aufzeichnungen noch nie so warm wie in diesem Jahr. Dagegen das andere Extrem: Im Osten der USA kamen Menschen in sturzflutartigen Regenfällen um, ähnlich ging es in Japan zu.

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Stellt sich wieder einmal die Frage: Wie viel von diesem Unglück entsteht durch den Klimawandel? Ganz klar ist die Antwort bei der Hitze. Die World Weather Attribution (WWA) führt die jüngsten Hitzewellen auf der Nordhalbkugel auf den Klimawandel zurück. Aufgrund der Erderwärmung durch Treibhausgase seien solche Wetterextreme nichts Ungewöhnliches mehr, erklärten die Forschenden am Montag auf einer Pressekonferenz.

Durch den Klimawandel würden Hitzewellen heißer, länger und häufiger: „Die Hitzewelle im Juli in Europa und Nordamerika wäre ohne den Klimawandel kaum möglich gewesen“, so die WWA-Wissenschaftler:innen. Das habe eine kurzfristige Attributionsanalyse ergeben.

Wir haben noch Zeit, uns auf eine sichere und gesunde Zukunft vorzubereiten.

Friederike Otto, Attributionsforscherin vom Imperial College London

Die Attributionsforschung untersucht, ob extreme Wetterereignisse auf den Klimawandel zurückzuführen sind.  Die Untersuchung zeigt auch, dass die aktuelle Hitzewelle in China durch den Klimawandel mindestens 50-mal wahrscheinlicher geworden ist.

Attributionsforscherin Friederike Otto vom Imperial College London schränkte jedoch ein, dass die aktuellen Hitzewellen kein Beweis für eine „galoppierende Erwärmung“ oder einen „Klimakollaps“ seien: „Wir haben noch Zeit, uns auf eine sichere und gesunde Zukunft vorzubereiten.“ Dazu müsse die Menschheit aber dringend aufhören, fossile Brennstoffe zu verbrennen und in Präventionsmaßnahmen investieren.

Die drei Hitzewellen dieses Sommers in Südeuropa, Nordamerika und China wurden in der noch nicht begutachteten Studie untersucht. „Die Rolle des Klimawandels ist absolut überwältigend“, sagt Attributionsforscherin Friederike Otto. Dass alle drei Hitzewellen gleichzeitig auftraten, sei beim derzeitigen Stand der Erderwärmung nicht überraschend. Denn keines der Ereignisse sei heute noch ein Extremereignis: „Früher wären sie extrem selten gewesen, heute nicht mehr.“

Wie wird es weitergehen? In einer um zwei Grad erwärmten Welt wären die aktuellen Hitzewellen viel gewöhnlicher: „Dann wäre das ein kühler Sommer.“ Otto findet es wichtig zu verstehen, dass ein Stopp der Emissionen nicht gleichzeitig die Erwärmung umkehrt. Die Temperatur steigt dann nur nicht weiter an. Das bedeutet, dass wir mit den Hitzewellen, die wir heute erleben, auch mit Klimaschutzmaßnahmen weiter klarkommen müssen. Eine Erkenntnis aus den Hitzewellen der vergangenen Jahre sei, dass die Verletzlichkeit unserer Gesellschaften größer ist als erwartet.

Waldbrände und Klimawandel

Als Folge des Klimawandels werden laut Attributionsforschung nicht nur Hitzewellen in Europa häufiger, Dürren nehmen im Mittelmeerraum zu. Hitze und Trockenheit können dann dazu führen, dass sich Waldbrände stärker ausbreiten. „Dieser Zusammenhang lässt sich zum Beispiel bei den großen Waldbränden in Kalifornien in den vergangenen Jahren bereits gut nachweisen“, sagt Jakob Zscheischler vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig.

Mehr Hitze führt zu mehr Verdunstung und damit bei gleichem Niederschlag zu trockeneren Böden.

Karsten Haustein, Institut für Meteorologie der Universität Leipzig

Karsten Haustein vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig erklärt den Zusammenhang zwischen Hitze und Waldbränden wie folgt: „Mehr Hitze führt zu mehr Verdunstung und damit bei gleichem Niederschlag zu trockeneren Böden“. Wenn die Datenlage gut ist, lasse sich der Zusammenhang zwischen Waldbrandwetter, Hitze und Trockenheit gut belegen, sagt auch Friederike Otto.

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Dabei ist klar, dass es nicht die höheren Temperaturen allein sind, die zu den Bränden führen, und schon gar nicht die berüchtigte Glasscherbe, die nachweislich kein Feuer entfachen kann. Laut der deutschen Waldbrandstatistik für das Jahr 2021 wurden gerade mal sieben Waldbrände durch natürliche Ursachen entfacht, 92 dagegen durch Brandstiftung und 128 aus Fahrlässigkeit. (In 289 Fällen war die Ursache unbekannt.)

Höhere Temperaturen führen auch zu mehr Extremniederschlägen, weil warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen und dann abregnen kann.

Stefan Rahmstorf, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Doch die Hitze trägt eben indirekt zur Entstehung und Ausbreitung der Brände bei. Dazu kommt, dass aufgrund von vorherigen Dürren oft viele Bäume krank sind und absterben. Zunehmendes Totholz kann dann das Risiko noch steigern. Dabei sind die Waldbrände keinesfalls ein unausweichliches Schicksal. Präventionsmaßnahmen können der Gefahr entgegenwirken, etwa ein verbessertes Frühwarnsystem, eine gute Zusammenarbeit von Forstwirten und Feuerwehr oder eine Umgestaltung von Monokulturen zu Mischwäldern. In Deutschland ist die Anzahl der Waldbrände seit 1991 eher rückläufig.

Nicht nur Dürre ist eine Folge der Hitze. „Höhere Temperaturen führen auch zu mehr Extremniederschlägen, weil warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen und dann abregnen kann“, sagt Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Laut einer Studie im Fachjournal „Climate and Atmospheric Science“ ist die Zahl der Niederschlagsrekorde stark gestiegen. Im Durchschnitt könne einer von vier rekordhohen Tagesniederschlägen auf den Klimawandel zurückgeführt werden.

Europa besonders betroffen

Europa sei mehr als andere Erdregionen der mittleren Breiten von zunehmender Hitze betroffen. „Dies wird auf häufigeres und anhaltenderes Auftreten einer Wetterlage mit doppeltem Jetstream zurückgeführt, wie sie aktuell wieder herrscht“, erklärt Rahmstorf. Der Jetstream ist ein bandartiges Starkwindfeld in etwa zehn Kilometern Höhe, das sich über den nördlichen Breiten um die Erde windet. Bei einem doppelten Jetstream spaltet sich dieser in zwei Äste auf. Die Jetstream-Lagen halten dadurch länger an und sorgen laut einer Studie des PIK für häufigere Hitzewellen in Westeuropa.

Weltweit kann der wellige Jetstream auch große Ausbuchtungen ausbilden. Bleiben diese über einer Region stehen und ziehen nicht weiter um die Erde herum, dann können sich auch ungünstige Wetterlagen dort über lange Zeit festsetzen. Es werde gerade diskutiert, inwiefern der Klimawandel zur Verstärkung dieses Phänomens beitrage, sagte der Klimaforscher Kai Kornhuber vom Thinktank Climate Analytics und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Unbestrittene Hauptursache des verstärkten Auftretens von Hitzewellen ist allerdings die Erwärmung der Atmosphäre durch die erhöhte Konzentration von Treibhausgasen.

Kai Kornhuber vom Thinktank Climate Analytics und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik

Gesichert ist, dass sich die Arktis derzeit schneller erwärmt als die Regionen am Äquator, folglich wird der Temperaturunterschied geringer. Dieser Unterschied sei aber ein Haupttreiber von großskaligen Winden, erklärte Kornhuber. Daher könne seine Verringerung ein zusätzlicher Grund dafür sein, dass sich die atmosphärische Zirkulation in den mittleren Breiten verlangsamt und Extremwetter länger in einer Region vorherrscht.

Insgesamt sehe es jedenfalls so aus, als ob die Wettermuster auch regional persistenter werden – also etwa eine Hitzewelle länger anhalte, so Kornhuber. Insbesondere in Regionen großer Trockenheit könnten sich durch Wechselwirkungen Hitze und Trockenheit weiter verstärken. „Unbestrittene Hauptursache des verstärkten Auftretens von Hitzewellen ist allerdings die Erwärmung der Atmosphäre durch die erhöhte Konzentration von Treibhausgasen“, betonte auch Kornhuber.

Nach jüngsten Daten der Weltwetterorganisation WMO erreichten die Konzentrationen der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas in der Atmosphäre 2021 jeweils neue Höchstwerte. Es bestehe die Sorge, dass Ökosysteme an Land und die Ozeane immer weniger CO₂ aufnehmen können. Bislang puffern sie einiges CO₂ ab. In einigen Landregionen der Welt sei der Übergang von der CO₂-Senke zur CO₂-Quelle bereits im Gange, etwa in Teilen des Amazonas-Regenwalds.

Extremwerte in den Meeren

Auch in den Meeren zeigen die Temperaturen diesen Sommer Extremwerte. Generell liege das auch am „Anstieg der Treibhausgase in unserer Lufthülle“, sagt Rahmstorf. Von der dadurch zusätzlich eingefangenen Energie gingen wegen der Wärmespeicherfähigkeit des Wassers etwas mehr als 90 Prozent in den Ozean. „Daher gibt es dort seit Jahrzehnten regelmäßig neue Wärmerekorde.“

Nach den „Climate Reanalyzer“-Daten liegt die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Meere seit März auf Rekordhöhe: Jeder einzelne Tag ist der wärmste für sein jeweiliges Datum. Messbeginn war vor 40 Jahren. In den vergangenen Tagen lag die Temperatur jeweils circa 0,8 Grad höher als im Schnitt zum selben Zeitraum der Jahre 1982 bis 2011.

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Rahmstorf geht davon aus, dass neben der Erderwärmung mehrere weitere Faktoren zu dem Anstieg beitragen. Dazu gehöre auch das El-Niño-Ereignis, das im tropischen Pazifik die Oberflächentemperaturen steigen lasse. El Niño ist ein natürliches Phänomen, das alle paar Jahre auftritt. Es kann die Folgen des Klimawandels verschärfen, weil es einen zusätzlich wärmenden Effekt hat. Je nach Weltregion gibt es durch El-Niño mehr Hitze und Dürren oder mehr Überschwemmungen. (mit dpa)

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