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Die bestehende Kinderklinik am Weddinger Virchow-Campus.

© Bildagentur-online/Universal Images Group via Getty Images / Bildagentur-online

Berliner Universitätsmedizin will Neubau: Das ist über die geplante Charité-Kinderklinik bekannt

Die RSV-Welle belastet Berlins Krankenhäuser, auch für Säuglinge fehlt neben Personal oft Platz. Die Charité plant auf ihrem Campus in Wedding nun eine neue Kinderklinik.

In der Debatte um die Not der Kinderkliniken gibt es einen neuen Impuls – Berlins landeseigene Charité will einen Neubau errichten. Noch steht die genaue Größe der avisierten Kinderklinik nicht fest, dafür der Standort: Der Neubau soll am Virchow-Campus in Wedding entstehen.

Berlin wachse, sagte Charité-Top-Pädiater Marcus Mall dem Tagesspiegel, gerade Familien mit Kindern seien in die Stadt gezogen – während die Behandlungskapazitäten nicht im gleichen Maß erhöht wurden. Mall ist Direktor der schon bestehenden Klinik für Pädiatrie am Virchow-Campus.

In der Kindermedizin gebe es zudem eine starke Spezialisierung, die zusätzliche Räume nötig mache, sagte Mall: „Aktuell platzt die Kinderklinik deshalb aus allen Nähten, weshalb dringend ein Neubau erforderlich ist.“

Kinderkliniken binden viel Personal

In dieser Woche hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seine Pläne für eine Krankenhausreform vorgestellt und explizit die Not der Kinderkliniken angesprochen. Hintergrund ist, dass Kinderkliniken sehr personalintensiv sind und die aktuelle Finanzierung dafür nicht ausreicht, weshalb Krankenhäuser diese Abteilungen oft vernachlässigt haben.

In der akuten Krisensituation brauchen die Krankenhäuser vor allem Personal.

Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne)

Langfristig will Lauterbach die Kliniken anders finanzieren, es sollen sogenannte Vorhaltemittel eingeführt werden. Das begrüßen viele Kinderärzte, weisen allerdings darauf hin, dass das kurzfristig nicht helfe. Fast alle einsatzbereiten Betten seien belegt. Zudem warnen Krankenhausmediziner davor, dass die Praxen niedergelassener Ärzte über die Feiertage meist geschlossen werden – was den Druck auf die Kinder-Notaufnahmen erhöhe.

Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) begrüßte die Charité-Initiative, eine „neue Kinderklinik ist sehr wichtig“ für Berlin. Allerdings schaffe sie nicht mehr Personal: „In der akuten Krisensituation brauchen die Krankenhäuser vor allem Personal.“

Viele atemwegserkrankte Kleinkinder – vor allem durch das RS-Virus und die Grippe – belasten die Kliniken, denen für solch hohe Fallzahlen oft Ärzte und Pflegekräfte fehlen, seit Wochen. Am Donnerstag meldete nur noch eine von acht Berliner Kliniken mit Kinder-Intensivstation freie Behandlungsplätze: der Charité-Virchow-Campus. Dazu galten als „begrenzt“ einsatzbereit der Charité-Standort Mitte und die Helios-Klinik Buch.

Sorge bereitet mir die Tatsache, dass gar keine Kinderkrankenpfleger:innen mehr ausgebildet werden. [...] Die Boomer gehen in Rente, und die potentiellen Nachfolger:innen müssen erst noch eine Zusatzqualifikation absolvieren, bis sie fit für die Kinderklinik sind.

Schreibt Community-Mitglied Stadtrandberlinerin

Um moderne Behandlungen zu ermöglichen und attraktive Arbeitsplätze zu schaffen, müsse die Infrastruktur auf neuestem Stand sein, sagte Martin Kreis, der im Charité-Vorstand für die Krankenversorgung zuständig ist. Auf Tagesspiegel-Nachfrage sagte Kreis auch, wie die neue Klinik finanziert werden könne: „Angesichts der Belastungen der öffentlichen Haushalte sollten dabei innovative Finanzierungswege geprüft werden.“

Möglich ist auch eine private Finanzierung

Um den Neubau schneller errichten zu können, erwägt die landeseigene Universitätsklinik also, auf private Unterstützung zu setzen. Wenn ein privates Unternehmen die Klinik baue und die Charité das Gebäude miete, sagte Kreis, könne dies den Prozess ebenso erleichtern wie eine Teilfinanzierung durch private Spenden.

Die Charité wird in den nächsten Jahren alle Standorte umfassend sanieren, diverse Neubauten sind geplant. Erst im Frühjahr hatte die Charité mitgeteilt, dass man mit der Pharma-Sparte von Bayer ein Forschungszentrum für Gen- und Zelltherapie gründen wolle. Das Zentrum könnte neben der Pharma-Zentrale von Bayer am Berliner Nordhafen entstehen. Die Rede war von einer „niedrigen dreistelligen Millionensumme“, die sich Bayer, die Charité und wenn möglich andere Partner teilen müssten. Einen ähnlichen Betrag wird wohl auch die neue Kinderklinik kosten.

Auch der CDU-Wissenschaftsexperte im Abgeordnetenhaus, Adrian Grasse, begrüßt die Pläne – und auch damit womöglich einhergehendes privatwirtschaftliches Engagement. „Wir müssen die Zusammenarbeit in diesen Strukturen deutlich ausbauen“, sagte Grasse. „Daher freut es mich, wenn auch die Regierende Bürgermeisterin diesen Weg für richtig hält.“

Denn Senatschefin Franziska Giffey (SPD) hatte ebenfalls gesagt, sie unterstütze den Charité-Plan. Sollten private Unternehmen in das Projekt einsteigen, könnte das Giffeys Partei allerdings ärgern – war die SPD bei öffentlich-private Partnerschaften doch zuweilen skeptisch.

Der CDU-Abgeordnete Grasse erinnerte daran, dass Senatorin Gote in der Debatte um die „Volkswagen-Bibliothek“ an der Technischen Universität (TU) „ein fatales Signal gegen privatwirtschaftliches Engagement in der Wissenschaft“ gesendet habe. Die Grünen-Politikerin hatte Verständnis für die Aktivisten gezeigt, die vom TU-Präsidium aus umweltpolitischen Gründen fordern, „Volkswagen“ streichen zu lassen.

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