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 Deutschland, Berlin, Neukölln am 09.05.2021: Demonstrierende auf dem Hermannplatz mit Palästina Fahnen. *** Germany, Berlin, Neukölln on 09 05 2021 Demonstrators on Hermannplatz with Palestine flags

© imago images/Achille Abboud/Achille Abboud via www.imago-images.de

Judenhass-Demo auf Berlins Straßen: Das Ritual der Empörung reicht nicht

Judenhass und Glorifizierung von Terror: Die Berliner Polizei wurde bei der Palästina-Demonstration erst aktiv, als es zu spät war. Eine Blamage.

Ein Kommentar von Alexander Fröhlich

Jetzt ist die Empörung wieder groß in Berlin und im Bund. Weil 500 Männer und Frauen am Sonnabend durch Neukölln und Kreuzberg gezogen sind und ungehindert auf Arabisch rufen konnten: „Tod Israel, Tod den Juden.“ Weil die Qassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der radikalislamischen Hamas, und andere Terrorgruppen bejubelt wurden. Und weil die Demonstranten Attentäter als Märtyrer und jene Raketen verherrlicht haben, die dieser Tage vom Gaza-Streifen und aus dem Libanon auf Israel geschossen wurden.

Und weil Teilnehmer riefen: „Tel Aviv, die Antwort wird kommen.“ Eine Drohung gegen jene Metropole, mit der die künftigen Berliner Koalitionäre CDU und SPD eine Städtepartnerschaft anstreben.

Und die Politik? Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD) forderte, dass die Hetzer identifiziert und zur Verantwortung gezogen werden. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) verurteilte die antisemitischen Drohungen. „Hass hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen“, sagte sie.

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CDU-Chef Kai Wegner, der wohl Regierender Bürgermeister wird, nannte die Bilder erschütternd. Antisemitismus und Israelfeindlichkeit dürften in Berlin keinen Platz haben. Sein Generalsekretär Stefan Evers erklärte, wer Israel den Tod wünsche, „missbraucht unsere Freiheiten für reine Menschenfeindlichkeit“. Justizminister Marco Buschmann witterte den Straftatbestand der Volksverhetzung. Das war auch nicht so schwer.

Was wäre, wenn Neonazis bei einer Demo Terror gegen Juden feiern?

Stellen wir uns also vor, wie Neonazis und Rechtsextremisten durch die Stadt ziehen und Terroranschläge auf Juden feiern. Linke Gruppen würden demonstrieren, zur Not die Route blockieren. Die Polizei würde vermutlich mit aller Härte auf Neonazis reagieren, die Juden den Tod wünschen und dem Terror huldigen. Sie würde derlei Umtriebe unterbinden, Teilnehmer festnehmen, die Demonstration abbrechen. Wenn sie nicht schon vorher verboten worden wäre.

Dass das bei Pro-Palästina-Demonstrationen möglich ist, hat die Polizei längst bewiesen. 2022 hatte sie mehrere, auch von linken Gruppen unterstützte Kundgebungen zum Jahrestag der „Vertreibung der Palästinenser“ verboten, die Justiz bestätigte das harte Vorgehen.

Die Gerichte beriefen sich auf die Erfahrung: Weil bei derlei Demonstrationen zu Straftaten aufgerufen wird, volksverhetzende und damit strafbare Parolen gerufen werden. Und weil die „hochgradig israelfeindliche und in den Antisemitismus reichende Stimmung bis hin zur Negierung des Existenzrechts Israels“ geeignet sei, Gewaltbereitschaft zu vermitteln.

Trotz dieser Erfahrung marschierte der Mob in diesem Jahr wieder durch die Stadt. Und dieser Karsamstag war erst der Anfang einer Reihe von israelfeindlichen, antisemitischen Demonstrationen in diesem Frühjahr. Zwar war die Polizei auch mit Dolmetschern im Einsatz, doch sie ließ zu, dass die israelfeindlichen antisemitischen Parolen durch die Straßen hallten.

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Mag sein, dass die Polizei nicht eingriff, um die Lage nicht zu eskalieren. Trotzdem wirkte sie überrumpelt. Wie sonst kann es sein, dass sie zunächst von einem störungsfreien Verlauf sprach? Wie kann es sein, dass bis Sonntagnachmittag – 24 Stunden nach der Demonstration – keine Ermittlungen eingeleitet worden waren, obwohl die Hass-Parolen längst dokumentiert und publik waren? Warum musste erst öffentlich Kritik laut werden, damit die Polizei überhaupt aktiv wird? Was für ein Versagen!

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Gewiss soll jeder demonstrieren dürfen, wofür es ihm beliebt. Übrigens auch für Kritik an Israel. Am Sonnabend ging es um die anhaltenden Konflikte rund um die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem. Aber es gibt rote Linien.

Entweder hatte niemand die Fallhöhe auf dem Schirm, wenn Ableger von Terrorgruppen zu einer Demonstration aufrufen, oder niemand hatte zunächst erkannt, warum das, was skandiert wurde, ein Problem ist. Nicht anders sind die Abläufe zu erklären. Blamabel ist es in jedem Fall. Die überraschte Empörung der Politik verkommt daher zum Ritual und läuft ins Leere, solang der Hass auf Israel und die Juden weiter durch Berlins Straßen marschieren kann.

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