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© imago / ürgen Ritter

Update

Kritik von Berliner Sozialsenatorin Kipping: BVG besteht auf Strafzahlung bei 9-Euro-Ticket

Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) wollte mehr Kulanz der Verkehrsgesellschaft. Die ist jetzt sauer. Die gute Nachricht: Übergangsnachweise für arme Menschen gelten noch bis Ende Juni.

Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) fordert von der BVG öffentlich mehr Kulanz bei Kontrollen des 9-Euro-Tickets für arme Menschen. „Eine Strafe von 60 Euro führt dann schnell in die Schuldenfalle oder dazu, dass in diesen Haushalten kein Geld für das Lebensnotwendige im Monat mehr zur Verfügung steht. Daher habe ich die BVG mit Nachdruck um Kulanz bei Fahrscheinkontrollen gebeten“, sagte Kipping.

Ein besonders häufiges Problem sind nicht eingetragene Kundennummern auf dem Sozialticket. Darüber hinaus haben Anspruchsberechtigte wegen überlasteter Behörden häufig noch keine Chance, an die notwendigen Berechtigungsnachweise für das Ticket zu kommen und müssen übergangsweise ihren alten Berlinpass oder Kopien von Leistungsbescheiden mitführen. Wegen verschiedener Probleme heißt das Sozialticket in einigen Sozialorganisationen schon „Schikane-Ticket“.

Kipping hatte die Aufsichtsräte von BVG und S-Bahn deshalb schon Anfang der Woche per Brief auf Probleme mit dem Ticket hingewiesen. Die Schreiben liegen dem Tagesspiegel vor. Am Donnerstag legte die Senatsverwaltung öffentlich nach: „Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales hat sich mit Nachdruck bei der BVG dafür eingesetzt, dass bei Fahrausweiskontrollen während der Übergangszeit kulant vorgegangen wird. Fahrgästen, die von der Verfahrensumstellung betroffen sind, sollen keine Nachteile entstehen.“ Stattdessen sollten bei fehlenden Kundennummern diese im Beisein der Kontrolleure ausgefüllt werden können oder in den Kundenzentren nachträglich gezeigt werden dürfen.

BVG reagiert irritiert auf Kippings öffentliche Äußerungen

Die BVG reagiert mit Unverständnis auf die öffentlichen Aussagen der Senatorin. „Die angesprochene Kulanzregelung ist nicht mit der BVG abgestimmt. Wir werden jetzt im Dialog mit der Senatsverwaltung klären, wie es zu der missverständlichen Aussage kommen konnte“, sagte ein BVG-Sprecher dem Tagesspiegel.

Die Kontrolleure würden mit Augenmaß agieren, aber die Praxis vom Eintragen von Nummern auf Tickets sei nicht neu, sondern seit Jahren erlernt. „Das ist eine einfache und unbürokratische Methode, um aus dem Papierticket aus dem Automaten ein personalisiertes Ticket zu machen.“ Die Mehrheit der Kunden habe damit auch kein Problem, sagte der Sprecher.

Katja Kipping (Linke) will eine längere Übergangslösung für arme Menschen beim 9-Euro-Ticket.
Katja Kipping (Linke) will eine längere Übergangslösung für arme Menschen beim 9-Euro-Ticket.

© dpa/Carsten Koall

Kunden des Sozialtickets standen aber vor einem weiteren, noch gravierenderen Problem: Die alten Berlinpässe und kopierte Leistungsbescheide sollten nur noch bis Ende April als Übergangslösung gelten. Eine große Anzahl der Ticketinhaber nutzt diese jedoch noch immer.

Allein im Januar und Februar wurde das Ticket 382.215 Mal gekauft. Die eigentlich zur Nutzung des Tickets notwendige VBB-Kundenkarte S wurde aber nur 130.000 Mal beantragt, nur die Hälfte der Anträge konnte erfolgreich abgeschlossen werden. Laut Kipping wegen einer anfänglich „hohen Fehleranfälligkeit“ des Systems. Dies sei inzwischen behoben worden.

Kipping zufolge könne aber „leider bis heute nicht sichergestellt werden“, dass alle Antragsberechtigten auch ihre Berechtigungsscheine erhalten. Diese sind Voraussetzung für die Beantragung der Kundenkarte S. Das liege insbesondere an den Herausforderungen der Ukraine-Fluchtbewegung und der Energiekrise für Sozialämter, Wohngeldstellen und Jobcenter.

Kipping wollte den Übergangszeitraum deshalb am liebsten bis Ende Juli verlängern. Erst dann dürfte nach Einschätzung ihrer Verwaltung das analoge Antragsverfahren für das Sozialticket fehlerfrei laufen und die Jobcenter können Bürgergeldempfänger rasch mit den notwendigen Dokumenten ausstatten. Am Donnerstagnachmittag gab es dann die gute Nachricht: Die Verkehrsverwaltung hat sich mit den Verkehrsunternehmen auf eine letztmalige Verlängerung der Frist bis Ende Juni geeinigt.

Das Sozialticket wurde kürzlich noch bis mindestens Ende 2023 verlängert. Die neue Koalition aus CDU und SPD will es aber darüber hinaus fortführen. Dasselbe gilt für das nur in Berlin gültige 29-Euro-Ticket.

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