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© dpa/Jörg Carstensen

Senat stellt Haushaltsplan vor: Wofür Berlin in den kommenden Jahren Geld ausgeben will

Finanzsenator Stefan Evers stellt heute den Entwurf für den neuen Landeshaushalt vor. Doch nicht alles, was CDU und SPD sich vorgenommen haben, können sie auch umsetzen.

Der neue Senat hat sich viel vorgenommen. Politik für „eine Weltmetropole“ kündigte Landeschef Kai Wegner (CDU) in seiner Regierungserklärung an und versprach: eine moderne Verwaltung mit besserer Bezahlung für 130.000 öffentlich Beschäftigte, bessere Bürgerdienste durch Digitalisierung, mehr Wohnungen und neue Schulen und dazu die Transformation der Stadt in eine klimaneutrale Zukunft. Viel Zeit für diese ambitionierten Ziele bleibt der Regierung von CDU und SPD vor der nächsten Wahl in drei Jahren nicht.

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Milliarden Euro beträgt der Landeshaushalt von Berlin

Und die Mittel sind, auch aufgrund Schuldenbremse, begrenzt: rund 40 Milliarden Euro. So groß ist aktuell der Landeshaushalt von Berlin, so viel Geld gibt die Stadt im Jahr aus, um Lehrer, Polizisten und Feuerwehrleute zu bezahlen, um Schulen, Straßen und Radwege zu bauen, um Sozialausgaben zu finanzieren, Parks zu säubern und Unternehmen, Vereine und Forschung zu fördern.

Diesen Dienstag will der Senat seinen Haushaltsentwurf für die Jahre 2024 und 2025 vorstellen. Er gilt als Gradmesser dafür, welche politischen Vorhaben der Regierung wichtig sind und welche sie aus Kostengründen für verzichtbar hält. Letztendlich wird der Haushalt vom Parlament verabschiedet. Um folgende Projekte und Posten wurde zuletzt besonders gerungen:

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Bildung

Bildung, Jugend und Familie, traditionell der größte inhaltliche Posten im Haushalt, behält auch im neuen Entwurf die Spitzenposition. Mit zusammen knapp elf Milliarden Euro Ausstattung in den Jahren 2024 und 2025 sind die Mittel sogar leicht gestiegen. Trotz der Sparvorgaben sei damit auch der Anteil des Ressorts am Gesamthaushalt angestiegen, heißt es aus Kreisen der Bildungsverwaltung.

Rund 2,1 Milliarden Euro sind im Senatsentwurf der Schaffung dringend benötigter neuer Schulplätze gewidmet. Zusätzlich gehen zum gleichen Zweck 860 Millionen Euro kreditfinanziert an die Howoge. Vor allem für temporäre Schulbaumaßnahmen, etwa zur Unterbringung von geflüchteten Schüler:innen, sollen noch mal 100 Millionen aus dem Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA) fließen.

Zusammen 260 Millionen Euro sollen 2024 und 2025 für die Schuldigitalisierung ausgegeben werden, für den Kitaplatzausbau sind im Haushaltsentwurf 76 Millionen Euro vorgesehen. Die Fehler ihrer Vorgängerin Astrid-Sabine Busse (SPD) will die jetzige Senatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) vermeiden: Der im vergangenen Jahr 13 Millionen Euro schwere Verfügungsfonds – Summe der flexiblen Gelder, über die jede einzelne Schule selbst bestimmen darf – soll von vornherein unangetastet bleiben. (mrg)


Finanzierung der Bezirke

Nein, gespart wird nicht bei den Bezirken. Die Mittel für die zwölf Berliner Verwaltungseinheiten steigen nach Tagesspiegel-Informationen sogar leicht an auf rund elf Milliarden Euro im Jahr 2024 und 11,4 Milliarden Euro im Jahr 2025. Auch Bezirksprogramme etwa für den Schulbau sollen deutlich auf bis zu 700 Millionen Euro ausgebaut werden.

Zuvor hatten die Bezirke in einem Brandbrief mehr Geld gefordert. Der Grund: vor allem die hohe Inflation von rund zehn Prozent. Neukölln hatte sogar schon eine mögliche Streichliste veröffentlicht, sollte nicht mehr Geld vom Land fließen: Der Wachschutz und die Tagesreinigung an Schulen, die Obdachlosenhilfe oder der Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt sollten wegfallen. Im Ergebnis kommen nun noch einmal 100 Millionen Euro im Jahr obendrauf. Doch die Mehrkosten gleicht das nicht aus – allein in Neukölln fehlten zuvor fast 30 Millionen Euro.

Die Bezirke werden also, wie das Finanzsenator Stefan Evers (CDU) nennt, priorisieren müssen. Das bedeutet: Manches wird nicht mehr finanziert werden können. Aus Kreisen der Haushaltspolitiker wird aber auch darauf hingewiesen, dass die Bezirke noch über Rücklagen von fast einer halben Milliarde Euro verfügen, allerdings sind diese äußerst ungleich über die Bezirke verteilt. (jb)


Soziales

Gleich mehrere Brandbriefe gab es auch schon aus dem sozialen Bereich. Die Sorge: Das Budget der Sozialverwaltung könne um 30 Prozent schrumpfen. Die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtsverbände warnte vor diesem Hintergrund vor einer „sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bankrotterklärung.“ Zuletzt mahnte ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden zu „sozialem Zusammenhalt statt Kahlschlagpolitik.“ Wenn die öffentlichen Haushalte so stark gekürzt werden sollten wie befürchtet, dann bleibe vom sozialen Berlin „nur noch ein Gerippe übrig“, hieß es in dem Schreiben.

Wie auch die Bezirke fürchten die Verbände, dass insbesondere bei den freiwilligen sozialen Leistungen gespart werde – was besonders die Ärmsten treffe. Aus Verhandlungskreisen heißt es, dass es so arg nicht komme, der Bereich im Gegenteil gut ausgestattet werde. Richtig dürfte sein: Insbesondere die SPD hat ein großes Interesse daran, für den sozialen Bereich Erfolge zu verkünden. Schließlich wurde der Gang in die Koalition mit der CDU damit begründet, dass man in dieser Konstellation sozialdemokratische Inhalte durchsetzen könne.

Ein symbolträchtiges Projekt dürfte hier die Weiterführung der 24/7-Unterkünfte für Obdachlose sein, die bislang über EU-Mittel finanziert sind. Dass Senatorin Cansel Kiziltepe (SPD) erst am vergangenen Donnerstag eine der Einrichtungen besuchte, dürfte wohl als Zeichen gewertet werden, dass eine Weiterfinanzierung wahrscheinlich ist. (ath)


Inneres

Vor der Machtübergabe an Schwarz-Rot hatte die vormals grün-geführte Finanzverwaltung in den ersten Entwürfen den Etat der Polizei noch zusammengestrichen. Verwaltungsausgaben und Zuschüsse sollten 2023 deutlich sinken, bei den Investitionen sollte es kein Plus geben, obwohl es neue Fahrradstreifen, Blitzer und Elektro-Streifenwagen geben sollte. Vor allem aber: Auch der Kauf neuer Bodycams, für den die Polizei Kosten ihn Höhe von 3,9 Millionen Euro angemeldet hatte, war noch in Vorbereitung auf den Doppelhaushalt gestrichen worden.

In der neuen Koalition habe sich vieles bewegen und durchbringen lassen, heißt es nun aus der von Iris Spranger (SPD) geführten Innenverwaltung. Es ist nicht nur eine Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag, sondern auch ein Prestigeprojekt, die Polizei schnellstmöglich mit Bodycams auszustatten. Bei der Feuerwehr, für die der Rechnungshof wegen der angespannten Lage im Rettungsdienst 1000 Stellen zusätzlich gefordert hat, wird es nur ein kleines Plus an neuen Stellen geben. (axf)


Verkehr

Unter vielen Radfahrern löste es gleich die nächste Debatte aus: Nach gestoppten Radwegen war plötzlich auch von gekürzten Mitteln für den Radwegebau die Rede. Gegenüber den ursprünglichen Haushaltsanmeldungen der Verkehrsverwaltung noch unter Ex-Senatorin Bettina Jarasch (Grüne) strich die Finanzverwaltung die Mittel massiv zusammen, zeigen Dokumente, die dem Tagesspiegel vorliegen. Wie schlimm das wäre und ob das Wort Kürzung überhaupt zutrifft, darüber gehen die Ansichten weit auseinander.

Um den weiteren Ausbau von Radwegen wird heftig gestritten.
Um den weiteren Ausbau von Radwegen wird heftig gestritten.

© dpa/Carsten Koall

Man stelle mehr Geld als jemals zuvor für den Radwegebau bereit, heißt es aus der CDU. Das schiefe Bild entstehe nur, weil das grün-geführte Haus zuvor zu hohe Mittelanmeldungen eingereicht hätte. Was man nun mache: Luft ablassen, damit nicht wieder Mittel ungenutzt bleiben. Tatsächlich hat die Verkehrsverwaltung die Radwegemittel in den vergangenen Jahren oft nur zur Hälfte ausgegeben. Andererseits sei auch das gewünschte Mehr bei neuen Radwegen nicht möglich, wenn die Mittel nicht auch anwachsen, kritisieren Beobachter.

Der Ausgang der Debatte ist noch offen. Allerdings verdichten sich die Anzeichen, dass die Finanzverwaltung den Rotstift doch weniger deutlich beim Geld für Radwege ansetzen wird, als zunächst geplant – nicht zuletzt wegen der verheerenden Außenwirkung, die der Schritt auslösen würde. (cla)


Sondervermögen Klima

SPD und CDU wollen ein Sondervermögen „Klimaschutz, Resilienz und Transformation“ aufsetzen, das bis zu zehn Milliarden Euro betragen soll. In einem ersten Schritt sollen es aber fünf Milliarden Euro sein. Allerdings sind noch viele rechtliche Fragen, etwa nach der Verfassungsmäßigkeit, offen. Gespannt wartet die Berliner Politik auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts über ein Sondervermögen der Bundesregierung und auf den Ausgang mehrerer Klagen gegen andere Sondervermögen von Bundesländern, etwa in Nordrhein-Westfalen. Daraus erhofft man sich Rückschlüsse über das, was juristisch erlaubt sein könnte.

Ein weiteres Problem dürften die Ausgabewünsche der Politiker werden. Eigentlich wollte man mit den Milliarden unter anderem die Busflotte der BVG weiter elektrifizieren oder vorhandene Förderprogramme etwa für Unternehmen ausbauen. Voraussichtlich dürfen aber keine vorhandenen Haushaltstitel mit dem Geld finanziert werden, es müssten neue geschaffen werden.

Die Opposition, der Landesrechnungshof und später womöglich die Verfassungsrichter werden sich sehr genau anschauen, ob das Sondervermögen lediglich eine Art „Schattenhaushalt“ darstellt oder tatsächlich für originäre Maßnahmen zur Krisenbewältigung genutzt wird. Dazu könnte etwa der Umbau der Energieinfrastruktur nach einem möglichen Rückkauf gehören. (jb/cla)


Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

Obwohl für viele Menschen eines der wichtigsten Themen, ist das Geld, mit der neue Bausenator Christian Gaebler (SPD) haushalten muss, im Vergleich zum Gesamthaushalt eher gering. Knapp 1,2 Milliarden Euro der insgesamt rund 40 Milliarden Euro stehen seiner Verwaltung im laufendem Jahr zur Verfügung. Immerhin: Mit Kürzungen muss Gaebler wohl nicht rechnen.

Im Gegenteil: Die Förderung für den sozialen Wohnungsbau soll von 750 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden pro Jahr steigen. Was Gaebler zugutekommt ist, dass das Geld nicht vollständig im Doppelhaushalt abgebildet werden muss. Die Förderung erfolgt „entsprechend dem Baufortschritt in mehreren Raten“ über sechs Jahre, heißt es aus der Bauverwaltung. (dbö)


Wirtschaft

Auch der Etat von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) ist aktuell mit nicht mal einer Milliarde Euro überschaubar, was vor allem am geringen Personalaufwand des Ressorts liegt. Giffey bestätigte zuletzt, dass das Neustart-Programm für Unternehmen fortgeführt wird. Aktuell stehen dafür 40 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung. Ob sich alle Projekte aus dem Wirtschaftskapitel des Koalitionsvertrags eins zu eins auch im Haushalt wiederfinden, ist allerdings offen. Große Verteilungskämpfe, etwa um Förderprogramme für Unternehmen, muss Giffey mit der CDU wohl aber nicht führen. (dbö)


Justiz

In der Justiz gibt es mehrere hundert Stellen, die nicht besetzt sind. Zudem stehen Neubau- und Sanierungskosten für die Haftanstalt Tegel, der Bau eines neuen Hochsicherheitssaals für die Strafgerichte und die Aufteilung des Landgerichts in Zivil- und Strafbereich an. Teils können Investitionen wegen des Spardrucks vorerst nur angeschoben, aber noch nicht ausfinanziert werden. An den Amtsgerichten herrscht Unmut, weil sie nicht mehr einzeln mit ihren Kosten im Haushalt auftauchen, sondern in den Ausgaben des Kammergerichts eingruppiert werden sollen.

Felor Badenberg (parteilos) ist Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz.
Felor Badenberg (parteilos) ist Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Eine große Herausforderung für Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für CDU) sind zwei Urteile, die Kosten verursachen, die erst noch im Haushalt abgefangen werden müssen. Wie, ist noch unklar. Es geht um die Besoldung der Richter, die in früheren Jahren zu niedrig war, und das Arbeitsentgelt für Inhaftierte, wofür Berlin wie andere Bundesländer rechtswidrig zu wenig zahlt. (axf)


Gesundheit

Wie viel Geld gibt es für den geplanten Pflege-Ausbildungscampus in Tempelhof? Kriegt das Reinigungs- und Küchenpersonal von Charité und Vivantes bald den vollen Tarif des öffentlichen Dienstes? Und werden alle Projekte in der Suchtprävention weiter gefördert? Bislang steht fest: SPD und CDU wollen den Wenckebach-Campus zur gemeinsamen Akademie von Vivantes-Kliniken und Charité ausbauen, wozu in den nächsten zehn Jahren mindestens 300 Millionen Euro nötig sind.

Politisch gewollt ist zudem, in den Tochterfirmen der beiden landeseigenen Großkrankenhäuser den vollen Tarif des öffentlichen Dienstes zu zahlen, was pro Jahr jeweils Millionenbeträge zusätzlich kostet. Das Geld dafür soll eingeplant sein. Grundsätzlich gilt mit Blick auf alle Kliniken, deren Bauten und Technik der Senat per Gesetz unterstützen muss: Wird die Inflation nicht ausgeglichen, wonach es derzeit aussieht, kommt das einer Mittelkürzung um circa zehn Prozent gleich. (hah)


Kultur

Die Befürchtungen in der Kulturszene sind groß. Der neue Senator Joe Chialo (CDU) hatte früh Kürzungen angekündigt: „Wenn Kürzungen anstehen, müssen die Künstlerinnen und Künstler sich auch kreativ darauf einstellen können“, hatte er das begründet. Die großen Kultureinrichtungen dürften von mager ausfallenden Mitteln weniger betroffen sein, sondern vor allem die freie Szene. Dementsprechend besorgt ist man dort: Mitte Juni schrieb ein Zusammenschluss verschiedener Verbände aus Kunst und Kultur in einem Offenen Brief an den Senat, die Berliner Kultur stehe „auf der Kippe.“

Aktuell stünden nur drei Prozent aus dem Gesamtvolumen des Berliner Haushalts zur Verfügung, hieß es weiter. Dies sei gemessen an der Bedeutung der Kultur für die Stadt „verschwindend gering“. Unter den Erstunterzeichnern des Briefs waren der Landesmusikrat Berlin, verschiedene Theater wie das Rambazamba Theater und die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und der Berufsverband Bildender Künstler*innen Berlin. Sie appellierten an den Senat, Berlins Kultur in seiner Vielfalt zu schützen. Wie viel von diesen Wünschen erhört wurde, ist noch unklar. (ath)


Wissenschaft

Bei den Hochschulen geht es um Ganze: Ihre Finanzierung für die kommenden fünf Jahre wird gerade verhandelt. Die Unis haben bereits vor „gravierendem Leistungsabfall und Personalabbau“ gewarnt, sollte der Finanzsenator die Hochschulen als Sparpotenzial sehen. Sie sorgen sich, dass die im Koalitionsvertrag versprochene Steigerung von fünf Prozent der Landesmittel wieder rückgängig gemacht wird. Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) hat am Montag nun bekräftigt, die fünf Prozent seien gesichert.

Weitere Knackpunkte: Die Finanzierung von zusätzlichen Studienplätzen in so wichtigen Bereichen der Lehrerbildung oder der Ausbildung von Fachkräften für den öffentlichen Dienst. Sollte es hier keinen Aufschlag geben, würde das massive Kürzungen an anderer Stelle bedeuten. (tiw)

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