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© dpa/Christoph Soeder

Verbrauch der Rücklagen und neue Schulden: Berlin will wieder mehr Geld ausgeben, als es einnimmt

Der Berliner Senat hat am Dienstag den neuen Landeshaushalt beschlossen. Dieser steigt auf fast 40 Milliarden Euro. Die Haushaltslage ist schwierig, aber Rücklagen ermöglichen einen Ausgabenanstieg.

Das Land Berlin wird in den kommenden zwei Jahren deutlich mehr Geld ausgeben als einnehmen. Im Jahr 2024 steigt der Berliner Landeshaushalt von bisher 37,75 Milliarden Euro auf 38,6 Milliarden Euro, im Jahr 2025 erhöht er sich noch einmal auf 39,67 Milliarden Euro. Das hat der Berliner Senat am Dienstag mit der Aufstellung des neuen Doppelhaushaltes für die kommenden zwei Jahre beschlossen. Die Inflation von zuletzt rund zehn Prozent gleicht das Wachstum des Haushalts jedoch nicht in Gänze aus.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte am Dienstag: „Dies ist ein Chancenhaushalt und ein Zukunftshaushalt.“ Die Schwerpunkte des Haushaltes lägen bei Bildung, innerer Sicherheit, auf einer „starken Wirtschaft“ und mehr sozialer Sicherheit. „Auch die Digitalisierung der Verwaltung wird in den kommenden Jahren vorangetrieben und finanziell abgesichert“, sagte Wegner.

Mit dem Geld sollen künftig etwa mehr Stellen bei Polizei und Feuerwehr, ein mögliches 29-Euro-Ticket, Wohnungsankäufe, höhere Löhne für Landespersonal oder eine raschere Digitalisierung der Verwaltung finanziert werden. Gerade im sozialen Bereich gibt es teils starke Aufwüchse und wohl keinen „Kahlschlag“, wie es von Vereinen und Verbänden teils befürchtet wurde.

So werden etwa die 24/7-Unterkünfte für Obdachlose erstmals vom Senat selbst finanziert. Bisher war die Finanzierung nicht gesichert gewesen. Auch die Integrationslotsen werden weiter finanziert und mehr Geld für die Umsetzung der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen zur Verfügung gestellt. Weitere Details will der Senat auf einer Pressekonferenz am Dienstag vorstellen.

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Den steigenden Ausgaben stehen nur noch schwach steigende Einnahmen von 35,86 Milliarden Euro (2024) beziehungsweise 37,34 Milliarden Euro (2025) gegenüber. Die Lücke will Finanzsenator Stefan Evers (CDU) vor allem mit vorhandenen Rücklagen des Landes Berlin, etwa aus der Baukostensteigerungsrücklage, aber teils auch mit neuen Schulden schließen. Der Schuldenstand von zuletzt rund 66 Milliarden Euro dürfte also weiter wachsen – von einem Sparhaushalt von CDU und SPD kann nicht die Rede sein.

Die Investitionsquote liegt weiterhin bei knapp unter zehn Prozent, wie aus einer Aufstellung der Finanzverwaltung hervorgeht. Sie sinkt damit nur sehr leicht. Allerdings weist ein sehr viel höherer Anteil an sogenannten pauschalen Minderausgaben als im vergangenen Doppelhaushalt auf die dringenden Konsolidierungsnotwendigkeiten hin. Insgesamt handelt es sich nach Tagesspiegel-Informationen um rund 1,4 Milliarden Euro, die aus dem laufenden Haushalt eingespart werden müssen.

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Die Haushaltslage ist insgesamt also angespannt, die finanzpolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind schwierig: Die Einnahmen des Landes wachsen trotz der Inflation nur noch in geringem Maß. Die Finanzverwaltung geht außerdem davon aus, dass die Schätzungen des Bundes zum Wachstum des Bruttoinlandsproduktes eher zu optimistisch sein könnten, was ein noch geringeres Wachstum der Steuereinnahmen als bisher erwartet bedeuten könnte.

Gleichzeitig geraten auch weitere wichtige Einnahmequellen wie die Grunderwerbssteuer unter Druck, weil aufgrund der vielfältigen Krisen und der hohen Zinsen kaum noch Grundstücke gekauft werden. Steuereinnahmen machen rund drei Viertel der Einnahmen Berlins aus, der Rest besteht aus Bundeszuwendungen und sonstigen Einnahmen wie Vermögensverkäufen.

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Die Opposition kritisiert deshalb auch deutlich die neuen Schulden und das Aufbrauchen der Rücklagen: „Nur weil man sich nicht über Prioritäten einigt, riskiert der Senat, dass der nächste Doppelhaushalt zu einem radikalen Sparhaushalt wird“, sagte Grünen-Fraktionschef Werner Graf. Mit diesem Haushaltsentwurf würden die Rücklagen verbrannt und zusätzlich dürfe in den nächsten Jahren über eine Milliarde, die im Haushalt steht, nicht ausgegeben werden. „Das ist eher ein Wahlkampfhaushalt als seriöse langfristige Finanzpolitik“, sagte Graf.

Die FDP kritisiert: „Der enorme Ausgabenhunger darf in Berlin so nicht weitergehen. Für Berliner Sonderwege und Wünsch-dir-was-Projekte gibt es keinen finanziellen Spielraum.“ Das teilte der Landesvorsitzende Christoph Meyer am Dienstag mit. „Berlin ist mit fast 66 Milliarden Euro verschuldet – Tendenz weiter steigend. Damit belegt die Hauptstadt Platz 3 hinter Hamburg und Spitzenreiter Bremen“, mahnte Meyer.

Trotz der beschlossenen Steigerung der Landesausgaben ist es der Finanzverwaltung deshalb nicht gelungen, die Inflation von rund zehn Prozent komplett mit Ausgabensteigerungen auszugleichen. Das bedeutet: Weil das Geld weniger wert als bisher ist, kann von den Senatsverwaltungen und Bezirken real auch weniger damit gekauft werden. Besonders betroffen davon sahen sich die zwölf Berliner Bezirke: Sie hatten während der Verhandlungen „strukturell zu geringe Werte“ bei den Zuweisungen des Senats bemängelt und mit scharfen Worten vor „großflächigen Sparmaßnahmen“ gewarnt.

Bezirke kriegen mehr Geld – reichen wird das nicht

Seither hatte die Senatsverwaltung für Finanzen die Zuweisungen für die Bezirke um jeweils 100 Millionen Euro für die kommenden zwei Jahre erhöht. Insgesamt steigen die Finanzmittel für die Bezirke von 8,14 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf 8,6 Milliarden Euro im kommenden Jahr und 8,74 Milliarden Euro im Jahr 2025. Bezirksprogramme des Senats etwa für den Schulbau sollen teils deutlich auf bis zu 700 Millionen Euro ausgebaut werden. Aus der Finanzverwaltung wird zudem auf die Rücklagen der Bezirke von mehr als 300 Millionen Euro hingewiesen.

Doch aus den Bezirken wird weiterhin auf die höchst unterschiedliche Finanzlage hingewiesen. Manch ein Bezirk verfügt noch über Rücklagen der letzten Jahre, andere nicht. Die Mehrzahlungen, so heißt es, würden nahezu komplett durch gestiegene Personalkosten sowie gesetzlich festgeschriebene Leistungen aufgefressen. Zwar würde die Erhöhung der Mittel des Senats die Finanzierungslücken verkleinern, aber wohl nicht komplett ausgleichen können, sodass letztlich Sozialleistungen wegfallen könnten.

Nach dem Beschluss des Haushaltes durch den Senat geht er in die parlamentarische Beratung. Weil seit Anfang Juli parlamentarische Sommerpause ist, wird sich das Berliner Abgeordnetenhaus voraussichtlich Mitte September das erste Mal mit dem Haushaltsentwurf befassen. Schon Mitte Dezember soll der neue Doppelhaushalt dann beschlossen werden. Eine spätere Befassung des Parlaments damit würde bewirken, dass Berlin in die sogenannte vorläufige Haushaltswirtschaft rutscht und kaum noch Investitionen getätigt werden können.

Das geplante Sondervermögen für „Klimaschutz, Resilienz und Transformation“ in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro wurde am Dienstag noch nicht beschlossen. Das soll voraussichtlich Ende Juli passieren. Die Finanzverwaltung will bis dahin ein Errichtungsgesetz vorlegen und über den Sommer dann verhandeln, wofür das Geld ausgegeben wird. Das Sondervermögen ist nicht Teil des Landeshaushaltes, sondern wird in Form von Kreditermächtigungen außerhalb des Haushaltes aufgenommen. Damit wollen CDU und SPD Maßnahmen bezahlen, um die Stadt möglichst noch vor 2045 klimaneutral zu machen.

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