zum Hauptinhalt
Siegesgewiss trotz aller Strafprozesse: Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt.

© AFP/Ed Jones

Was, wenn Trump zurückkommt?: Vier Strategien, wie Deutschland sich wappnen kann

15 Monate bleiben bis zur US-Wahl. Doch die Ampel verdrängt die Gefahr einer Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Dabei muss sie jetzt handeln, um die Risiken zu reduzieren.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Der dritte Prozess gegen Donald Trump ruft in Erinnerung: Er hält sich nicht an die Regeln der Demokratie. Wenn niemand einschreitet, würde er wie ein Diktator regieren. Der einzige Schutz davor sind die „checks and balances“ des Rechtsstaats. 

Der US-Rechtsstaat, das ist die zweite Mahnung, wird ihn aber nicht hindern, erneut für das Weiße Haus zu kandidieren. Umfragen zeigen: Er kann die Wahl gewinnen.

Die Mehrheit der Bürger wünscht ihn zwar nicht als Präsidenten. Viele haben aber auch Vorbehalte gegen den greisen Joe Biden. Der zeigt immer mal wieder Ausfälle. Trump kann in 15 Monaten siegen, falls die Wähler ihn für das kleinere Übel halten.

Für die Bundesregierung müsste dies Grund genug sein, sich darauf vorzubereiten und Strategien zu entwickeln, wie sie in einer zweiten Amtszeit Trump die deutschen Interessen wahren kann. Mit Biden herrscht zwar nicht durch die Bank Einvernehmen. Aber im Großen und Ganzen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Trump hält die Nato für verzichtbar

Was unter einem Präsidenten Trump droht, hat seine erste Amtszeit gezeigt. Er hält die Nato für obsolet – das Bündnis, das die Sicherheit Europas garantiert.

Am freien Handel ist er nur interessiert, soweit der US-Interessen nützt. Ansonsten bekämpft er ihn. Damit gefährdet er das Erfolgsmodell, das Deutschland zur viertgrößten Wirtschaft der Erde gemacht hat. Und den Wohlstand und die Sozialsysteme finanziert. Trump hat Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus der EU verhängt und mit Strafzöllen auf deutsche Autos gedroht.

Kumpelhafter Umgang mit Putin, Härte gegen China

Mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin pflegte Trump einen kumpelhaften Umgang, obwohl der schon damals die Krim besetzt hielt und in der Ostukraine Krieg führte. Wie will Kanzler Olaf Scholz sein Ziel erreichen – die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren –, wenn Trump die US-Hilfe verringert oder gar einstellt?

Bei China ist es umgekehrt. Da hat Trump in der ersten Amtszeit ein „De-Coupling“ gefordert, den Abbruch des Wirtschaftsaustauschs. Berlin, die EU und auch Biden setzen dagegen auf „De-Risking“, die Reduzierung riskanter Abhängigkeiten.

Die Liste der Streitthemen mit Trump ist viel länger. Zu ihr gehören auch so wichtige Fragen wie Klima und Migration. Bei den vier Beispielen Nato, Freihandel, Ukrainekrieg und China würde ein Präsident Trump deutsche Interessen unmittelbar gefährden.

Werben um den Blick der US-Wähler auf Deutschland

Wie will die Politik diesen Risiken begegnen? 15 Monate vor der US-Wahl ist keine ernsthafte Debatte zu erkennen. Deutschland flüchtet sich auch hier ins Verdrängen und Hoffen, dass es schon nicht so schlimm kommen werde. Manche warnen vor Trumps Rückkehr, viele beschweren sich über die Zumutung. Wo aber bleiben die Gegenstrategien? Fehlanzeige.

Die Nato ist auf absehbare Zeit unverzichtbar. Wollte Europa eigene Kapazitäten aufbauen, die den Schutz der USA in ferner Zukunft ersetzen, müssten die Staaten wohl über vier Prozent des BIP für das Militär aufwenden.

Kurzfristig bleibt nur, Trumps Botschaft an die Wähler – Deutschland sei ein Trittbrettfahrer auf Kosten der US-Steuerzahler – zu entkräften. Kanzler Scholz muss sein Versprechen, dauerhaft mehr als zwei Prozent des BIP für Sicherheit auszugeben, für die Partner und für die Planung der Rüstungsindustrie glaubhaft machen.

In der Finanzplanung wird jedoch der aktuelle Wehretat, der rund 1,5 Prozent entspricht, für die kommenden Jahre fortgeschrieben. Das provoziert den Eindruck: Niemand hat das Ziel, jemals zwei Prozent zu erreichen. Der Verweis auf das Sondervermögen Bundeswehr hilft da wenig. Es ist endlich.

Stellt Trump die Hilfe für die Ukraine ein?

Im Ukrainekrieg kommt der größte Anteil der Hilfe für Kiew aus den USA. Die Ampel muss mit ihren Verbündeten Pläne entwickeln, wie sie die Ukraine befähigen, den Kampf auch unter Trump erfolgreich fortzusetzen. Europa wird mehr tun müssen. Durch erhöhte Lieferungen bis zur US-Wahl kann man Kiew zudem ein Vorratspolster verschaffen. Das wäre auch gut für Verhandlungen. Putin ist nicht zu Zugeständnissen bereit, solange er spekuliert, er müsse nur abwarten, um seine Ziele zu erreichen.

Im Welthandel wird es umso dringender, Abkommen wie das der EU mit den Mercosur-Staaten in Südamerika zum Abschluss zu bringen. Und nicht zu riskieren, dass es an Schutzklauseln für den Regenwald scheitert, die nicht einmal progressive Präsidenten wie Brasiliens Lula da Silva akzeptieren. Politik ist die Kunst des Möglichen und nicht die der reinen Lehre.

Bündnis mit den Demokratien in Asien

Mit Blick auf China können sich Deutschland und Europa Trumps Drängen auf „De-Coupling“ entziehen, indem sie, erstens, ihr „De-Risking“ glaubwürdig vorantreiben. Und, zweitens, Koalitionen mit den Demokratien in Asien bilden. Die wollen auch keinen Bruch mit China, sondern eine Eindämmung.

Japan hat es 2016 vorgemacht. Als Trump aus Obamas transpazifischer Partnerschaft ausstieg, formte Japan ein Ersatzbündnis ohne die USA.

Vielleicht wird Trump nicht Präsident. Es wäre aber unverantwortlich, untätig abzuwarten. 15 Monate bleiben. Packen wir es an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false