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Jamshid Sharmahd

© dpa/Koosha Falahi

Iran bestätigt Todesurteil gegen Deutsch-Iraner: Will Teheran einen Deal mit Berlin?

Am Mittwoch bestätigte das Oberste Gericht der Islamischen Republik das Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd. Seine Tochter Gazelle gibt der Bundesregierung daran eine Mitschuld.

Im Iran rückt die Hinrichtung eines Deutschen näher. Der Oberste Gerichtshof der Islamischen Republik bestätigte am Mittwoch das Todesurteil gegen den inhaftieren Oppositionsaktivisten Jamshid Sharmahd, dem Terrorismus vorgeworfen wird.

Der Fall des Deutsch-Iraners geht nun an das untergeordnete Gericht zurück, das Sharmahd im Februar zum Tode verurteilt hatte. Danach werde die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes umgesetzt, kündigte ein Justizsprecher an, wie der Pressedienst der Justiz meldete.

Ein Termin für die Vollstreckung wurde nicht genannt. Möglicherweise will der Iran mit der Bestätigung des Urteils politischen Druck auf Deutschland ausüben: Die Entscheidung der Justiz wurde einen Tag nach dem Beschluss neuer EU-Sanktionen gegen Teheran verkündet.

„Dass mein Vater jetzt hingerichtet werden soll, ist das Resultat der Untätigkeit unserer Regierung“

Gazelle Sharmahd, Tochter von Jamshid Sharmahd

Sharmahds Tochter Gazelle weist der Bundesregierung eine Mitverantwortung für die Entwicklung zu. „Dass mein Vater jetzt hingerichtet werden soll, ist das Resultat der Untätigkeit unserer Regierung“, sagte sie dem Tagesspiegel.

„Wie viele unschuldige Menschen wie mein Vater müssen noch in westlichen Ländern terrorisiert und entführt und ermordet werden, bis wir verstehen, dass wir es mit einem Terror-Regime zu tun haben, das seine Gewalt in die Welt exportiert?“

Gazelle Sharmahd sagte, ihr Vater sei an diesem Donnerstag genau 1000 Tage in Einzelhaft. „Ich habe Angst davor, morgen aufzuwachen und die Nachricht zu bekommen, dass mein Vater ermordet wurde. Warum passiert nichts?“

Er kann jeden Augenblick hingerichtet werden.

Daniela Sepehri, deutsch-iranische Aktivistin

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wies die Entscheidung als „inakzeptabel“ zurück. „Jamshid Sharmahd hatte zu keinem Zeitpunkt den Ansatz eines fairen Prozesses“, schrieb die Ministerin auf Twitter. „Wir fordern Iran auf, dieses willkürliche Urteil unverzüglich rückgängig zu machen.“

Was kann und sollte die Bundesregierung tun?

Der deutsche Botschafter im Iran habe eine Dienstreise abgebrochen und kehre nach Teheran zurück, um bei der dortigen Regierung zu intervenieren. Auch CDU-Chef Friedrich Merz, der eine politische Patenschaft für Sharmahd übernommen hat, zeigte sich schockiert von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes.

Die deutsch-iranische Aktivistin Daniela Sepehri warf der Bundesregierung vor, nicht genug Druck auf Teheran zu machen. Was Berlin bisher getan habe, sei „ein Witz“, sagte Sepehri unserer Zeitung.

Europa müsse eine gemeinsame Strategie finden, um mit der iranischen „Geiseldiplomatie“ umgehen zu können. Im Fall Sharmahd müsse schnell gehandelt werden: „Er kann jeden Augenblick hingerichtet werden.“

Ein Revolutionsgericht im Iran hatte den 67-jährigen Sharmahd im Februar zum Tode verurteilt, weil er angeblich an Terroranschlägen beteiligt gewesen sei. Die iranische Justiz macht Scharmahds Oppositionsgruppe Tondar für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Stadt Shiraz verantwortlich, bei dem 14 Menschen starben.

Wir fordern Iran auf, dieses willkürliche Urteil unverzüglich rückgängig zu machen.

Annalena Baerbock, Bundesaußenministerin 

Sharmahd, der in den USA lebte und 2020 während einer Geschäftsreise in Dubai von iranischen Agenten nach Teheran entführt wurde, weist die Vorwürfe zurück.

So setzt Teheran Berlin unter Druck

Der Fall des Deutsch-Iraners hat die Beziehungen zwischen beiden Ländern in eine Krise gestürzt. Die Bundesregierung wies im Februar aus Protest gegen das Todesurteil zwei iranische Diplomaten aus; Teheran warf darauf zwei deutsche Diplomaten aus dem Land. Sharmahds Tochter Gazelle sagte damals unserer Zeitung, der Iran wolle die Regierung in Berlin zu politischen Verhandlungen zwingen.

Am Tag der Urteilsverkündung gegen Sharmahd im Februar erklärte das iranische Außenministerium, die Islamische Republik sei aus „humanitären“ Gründen zum Austausch von Gefangenen bereit. Das Regime in Teheran hat in den vergangenen Jahren mehrmals Ausländer oder Doppelstaatler aus der Haft entlassen, um iranische Agenten oder andere Staatsbürger im Ausland freizubekommen.

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Auch mit Deutschland gab es solche Deals bereits. Am Mittwoch verkündete die iranische Justiz, sie werde einen im Iran inhaftierten Belgier gegen einen iranischen Diplomaten austauschen, der wegen eines versuchten Anschlags auf iranische Exilanten in Paris in belgischer Haft sitzt. Die belgische Regierung dementierte eine Einigung.

Sepehri sagte, Teheran wolle mit der Geiseldiplomatie nicht nur inhaftierte Iraner im Ausland freipressen, sondern verfolge auch politische Ziele. Die EU hatte am Dienstag neue Sanktionen wegen der Unterdrückung der Protestbewegung im Iran durch das Regime verhängt.

Betroffen sind Mitglieder der iranischen Revolutionsgarde und der Mobilfunkanbieter Ariantel, der nach Angaben des Auswärtigen Amtes „kritische Stimmen im Iran abhört“. Die EU erwägt zudem, die iranische Revolutionsgarde als Terrororganisation einzustufen; Teheran will das unbedingt verhindern.
 

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