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Auch viele werdende Eltern treibt das Thema Elterngeld um.

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„Das wäre ein Rückschritt“: Die Reaktionen auf den Elterngeld-Vorstoß der FDP

Bundesfamilienministerin Lisa Paus wollte das Elterngeld für Besserverdienende streichen. Die FDP war strikt dagegen – und fordert nun Kürzungen für alle.

Kaum eine Debatte ist in den vergangenen Monaten so hitzig und kontrovers geführt worden wie diese, in den Medien, im Freundeskreis, in der Politik: Der Vorstoß von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) im Juli, das Elterngeld für Besserverdienende zu kürzen, hatte genug Wumms, um das politische Sommerloch für Wochen zu stopfen.

Es müsse massiv gespart werden, so lautete die Ansage des Bundesfinanzministers Christian Lindner (FDP). Die konkrete Idee seiner Kabinettskollegin dürfte ihm dann allerdings auch wieder nicht geschmeckt haben: Paus hatte vorgeschlagen, das Elterngeld für Paare, die zusammen mehr als 180.000 Euro Bruttojahreseinkommen haben, komplett zu streichen.

Dadurch könnte der Bund perspektivisch bis zu 500 Millionen Euro im Jahr sparen. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass davon nur etwa 60.000 Familien in Deutschland betroffen wären, war der Aufschrei in der Gesellschaft enorm groß – eine Petition gegen die Kürzung haben inzwischen mehr als 600.000 Menschen unterschrieben.

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Monate statt 14 Monate Elternzeit fordert die FDP.

Die FDP befürchtet vor allem für ihre Wählerinnen und Wähler Nachteile und schlägt nun mit ihrem Gegenvorschlag zurück.  

Die Einkommensgrenze soll unangetastet bleiben, fordern die Liberalen jetzt. Stattdessen könnte der Gesamtanspruch von 14 auf zwölf Monate gesenkt werden – und zwar grundsätzlich für alle Paare.

Auch die Vorgabe, dass jeder Elternteil mindestens zwei Monate Elterngeld in Anspruch nehmen muss, wenn ein Paar die volle Höhe ausschöpfen will, könnte nach Vorstellungen der FDP entfallen.

Der Parallelbezug von Elterngeld nach den ersten zwei Monaten soll künftig nicht mehr möglich sein – die große gemeinsame Reise in der Elternzeit, die viele Eltern mit auskömmlichen Jobs für sich entdeckt haben, wird also passé sein. Ausnahmen soll es für Familien mit Zwillings- und Mehrlingsgeburten geben.

Kein Parallelbezug mehr

Eltern, die im ersten Monat nach der Geburt parallel Elterngeld beziehen wollen, will die FDP-Fraktion mit einem zusätzlichen 13. Elterngeldmonat und einem Bonus von 500 Euro unterstützen.

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Es gehe um Gleichstellung, hatte die FDP gegen den Kürzungsvorschlag von Lisa Paus gewettert. Jetzt sieht es eher so aus, als wolle die FDP selbst die sogenannten Väter-Monate streichen.

Wie soll die Kita-Eingewöhnung erfolgen, wenn beide Eltern genau in diesem Moment wieder arbeiten müssen?

Nina Stahr, familienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag

Nina Stahr, die familienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, sieht bei dem Vorschlag des Koalitionspartners vor allem praktische Probleme.

„Wie soll die Kita-Eingewöhnung erfolgen, wenn beide Eltern genau in diesem Moment wieder arbeiten müssen?“ Anreize für viele Väter, überhaupt in Elternzeit zu gehen, fielen weg. „Das wäre ein Rückschritt in der Gleichstellung der Geschlechter“, sagte sie dem Tagesspiegel.

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Den Grünen sei es wichtig, dass weiterhin die Menschen unterstützt werden, die Elterngeld brauchen. „Das werden wir nun im parlamentarischen Verfahren mit den Kolleg:innen von FDP und SPD beraten.“

Die anderen Ampelparteien sind dagegen

Auch die SPD ist nicht einverstanden. „Die vorgeschlagene Kürzung der Elterngeldmonate durch die FDP zugunsten der Beibehaltung der Einkommensgrenze von 300.000 Euro sei sozial ungerecht und nicht akzeptabel“, sagte SPD-Fraktions-Vize Sönke Rix. Statt die obersten Einkommen auch weiterhin zu entlasten, wollen die SPD den Sockelbetrag beim Elterngeld für die Mindesteinkommen erhöhen.

Die SPD lehnt aber nicht alle Ideen der FDP zum Elterngeld ab: „Auch wir wollen den parallelen Elterngeldbezug einschränken, denn dieser steht einer gerechteren Aufteilung der Care-Arbeit im Wege. Wir wollen außerdem einen zusätzlichen Partnermonat einführen und damit eine Zusage der Ampel-Regierung einlösen.“

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Die Forderung der FDP zeige, wie wenig Ahnung sie von der Lebensrealität von Familien in Deutschland habe, meint die Linke. „Es gibt jetzt schon ein großes Problem mit fehlenden Kitaplätzen.“

„Die Situation würde sich weiter verschärfen, wenn Eltern wegen Elternzeit-Kürzung früher auf einen Kitaplatz angewiesen wären“, sagte die familienpolitische Sprecherin Gökay Akbulut dem Tagesspiegel. „Eine Kürzung der Elterngeld-Zeit würde sich also schon deswegen katastrophal auswirken.“

Noch deutlicher wird Linken-Chefin Janine Wissler. „Beim Elterngeld bleibt die FDP ihrem Motto treu: Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen, wer hat, dem wird gegeben. Damit Spitzenverdienende gepampert werden, soll bei Niedrig- und Normalverdienenden die Bezugsdauer gekürzt werden“, sagte sie zu dem FDP-Vorstoß.

„Dass Eltern die volle Höhe des Elterngeldes auch dann bekommen sollen, wenn nicht beide Teile der Elternzeit nehmen, ist ein Rückschritt in die 50er.“

Die Union bezeichnet FDP-Vorschlag als „Notnagel“

Dorothee Bär, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bezeichnete den FDP-Vorschlag als „Notnagel“. Natürlich seien zwölf Monate statt 14 besser als gar nichts für die betroffenen Familien, sagte sie dem Tagesspiegel.

Das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag sieht klar die Ausweitung und Dynamisierung des Elterngelds vor.

Dorothee Bär, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

„Aber der Verwaltungsaufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen für die Staatskasse.“ Die FDP betreibe jetzt möglichst gesichtswahrend Schadensbegrenzung innerhalb der Ampel, meint Bär, nicht mehr und nicht weniger.

„Das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag sieht klar die Ausweitung und Dynamisierung des Elterngelds vor.“ Als größte Oppositionsfraktion lasse man die Koalition aus dieser Nummer nicht heraus, „denn jede Kürzung beim Elterngeld schwächt unsere Familien und konterkariert die Gleichstellung.“

Schelte hagelt es auch von den Sozialverbänden. „Mit dem Vorstoß soll wieder der Rotstift bei Familien mit geringen und mittleren Einkommen angesetzt werden, um Einsparungen zu erzielen“, kritisiert die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier. „Das Gegenteil wäre jedoch angebracht: endlich mehr Elterngeld. 16 Jahre lang hat sich hier nichts getan.“

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