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CDU-Chef Friedrich Merz reflektiert kritisch seine mögliche Kanzlerkandidatur.

© dpa/Moritz Frankenberg

K-Frage bei der Union: Der neue Tonfall des Friedrich Merz

Der CDU-Chef redet über die Anforderungen an einen Kanzler, spricht über sein Alter und die Notwendigkeit von Nervenstärke. Ob er wirklich antreten will, lässt er offen.

Es sind ungewöhnliche Worte, die Friedrich Merz zwischen den Jahren über sich selbst findet. Merz gewährt ein paar Einblicke in sein Seelenleben. „Die Frage, welche Wählergruppen ich als Person erreiche, ist ein Thema“, sagt der CDU-Vorsitzende mit Blick auf die Kanzlerkandidatur der Union.

Er werde wenige Wochen nach der nächsten regulären Bundestagswahl im Herbst 2025 70 Jahre alt, sagt Merz der Deutschen Presse-Agentur: „Ich wäre damit nach Konrad Adenauer der älteste Bewerber um das Amt des Bundeskanzlers in der Bundesrepublik Deutschland. Das sind Überlegungen, das sind Erwägungen, die ich auch im Blick behalten muss.“

„Mit Demut und Respekt“

Natürlich rede er auch mit seiner Familie über das Thema. Wie bisher werde er keine Entscheidung fällen, „die nicht auf die Zustimmung meiner Familie trifft“. Er gehe „mit einer großen Demut und einem ganz großen Respekt an diese Frage heran, weil ich weiß, dass dieses Amt das wichtigste Amt ist, das in der Bundesrepublik Deutschland politisch zu vergeben ist.“

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Das Amt des Kanzlers erfordere Erfahrung, Nervenstärke, Führungs- und Teamfähigkeit, sagt Merz. „Ich werde mich nicht grundlegend verändern und verstellen. Ich bin so, wie ich bin, mit allen meinen Stärken und meinen Schwächen. Das gehört dazu.“

Merz’ Worte deuten auf eine kritische Selbstreflexion, vielleicht gar Selbstzweifel. Er habe, was die Kandidatur angeht, „eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen, die ich selber auch für mich selbst noch einmal sorgfältig reflektieren werde und entscheiden werde. Das ist keine Selbstverständlichkeit.“

Merz ist wenig beliebt

Merz also, so klingt er jedenfalls, ist noch lange nicht entschieden, ob er überhaupt Unions-Kanzlerkandidat bei der nächsten Bundestagswahl werden will. Mit dem Hinweis auf den Aspekt, „welche Wählergruppen“ er erreiche, deutet der CDU-Chef an, zu wissen, dass er nur mäßig beliebt ist – und das trotz der miserablen Performance der Ampelkoalition und dem Ansehensverlust von Kanzler Olaf Scholz (SPD).

Spötter ruft Merz’ Interview sogleich auf den Plan. Dessen Verweis auf „Erfahrung, Nervenstärke, Führungs- und Teamfähigkeit“ zitierend, schreibt der christdemokratische Publizist (und Angela-Merkel-Anhänger) Andres Püttmann auf der Plattform X: „Oh .... zu wessen Gunsten will er denn dann verzichten?“

Während Merz sein Lebensalter kritisch würdigt, schweigt er zu einem womöglich viel erheblicheren Defizit: nämlich seiner komplett fehlenden Regierungserfahrung. Merz, 68, war niemals Staatssekretär oder Minister, weder in Land noch Bund, nie Ministerpräsident. Das unterscheidet in von seinen möglichen Rivalen, CSU-Chef Markus Söder und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU).

Söder, 56, regiert seit 16 Jahren, zunächst als Minister in Bayern, seit 2018 als Ministerpräsident. Wüst, 48, war vier Jahre lang Landesminister, führt seit gut drei Jahren das bevölkerungsreichste Bundesland.

„Söder und ich verstehen uns“

Auf seinen Landsmann Wüst als möglichen Kanzlerkandidaten geht Merz in dem Interview nicht ein. Unter Hinweis darauf, dass er einen unionsinternen Machtkampf um die Kanzlerkandidatur vermeiden will, verweist er nur auf Söder. „Dafür verstehen Markus Söder und ich uns einfach auch persönlich zu gut. [...] Und er weiß auch, dass wir das nicht so wiederholen werden und auch nicht wollen wie 2021.“ Der CDU-Vorsitzende fügte hinzu: „Ich werde es auch nicht zulassen, dass so etwas noch einmal geschieht.“

Auf die Frage, ob er bei einer vorgezogenen Neuwahl des Bundestages der „geborene Kanzlerkandidat“ sei, antwortete Merz zurückhaltend. „Darüber sprechen wir in der Union zwischen CDU und CSU. Erst die Parteivorsitzenden, dann selbstverständlich auch die Landesvorsitzenden.“

Wüst will Mitspracherecht

Genau darauf pocht Wüst, der sich mit Blick auf mögliche eigene Ambitionen bedeckt hält. „Wie auch die CSU nachvollziehbar beansprucht, hierbei mitzuentscheiden, tun dies auch die Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten der CDU“, sagte er dem „Spiegel“. Dies entspräche dem föderalen Charakter seiner Partei. „Und es hilft einer Kandidatin oder einem Kandidaten, breit getragen zu sein und starken Rückenwind für den Wahlkampf zu bekommen.“

Merz hatte vergangene Woche angekündigt, dass der Zeitplan bis zum CDU-Bundesparteitag im Mai stehen soll. Offen ist noch, ob über die Kandidatur vor oder nach den Landtagswahlen im September in drei ostdeutschen Bundesländern entschieden wird. Merz’ Vertrauter, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, sagte dem Sender „Welt“, er halte Merz als Kanzlerkandidaten für gesetzt. Wenn der Parteivorsitzende es wolle, „dann wird er Kanzlerkandidat der Union“.

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