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Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, informiert in der Bundespressekonferenz über Long-Covid-Initiativen.

© Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, informiert in der Bundespressekonferenz über ·Long-Covid-Initiativen.

Lauterbach will Patienten helfen: „Die Zukunft von Long Covid hat leider gerade erst begonnen“

Viele Menschen kämpfen immer noch mit den Folgen einer Covid-Erkrankung. Der Bundesgesundheitsminister verspricht nun mehr Unterstützung und Versorgung für Betroffene.

Konzentrationsschwierigkeiten und Gedächtnisprobleme, Kurzatmigkeit, Müdigkeit und Erschöpfungszustände, die mitunter so stark sind, dass sie Betroffene ans Bett fesseln – nur einige der inzwischen rund 200 identifizierten für Long Covid typischen Symptome. Schätzungen zufolge haben etwa zehn Prozent der Corona-Patienten mit Langzeitfolgen zu kämpfen. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO ist einer von 30 Europäern betroffen, viele von ihnen schwer. Die Hälfte sei nicht mehr voll berufstätig.

In Deutschland will der Bund diesen Menschen jetzt mehr Unterstützung zuteilwerden lassen. Das versprach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der gemeinsam mit Carmen Scheibenbogen, Leiterin der Immundefekt-Ambulanz der Charité, und Bernhard Schieffer, dem Direktor des Universitätsklinikums Marburg, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch seine seit langer Zeit geplante Long-Covid-Initiative vorstellte.

41 Millionen Euro will Lauterbach bereitstellen

Bereits im Februar hatte Lauterbach in Aussicht gestellt, mehr Hilfen für Long-Covid-Patienten zu schaffen. Vollmundig hatte er damals die Zahl 100 Millionen Euro in den Ring geworfen, diese ist nun aufgrund von Streichungen im Haushalt auf nurmehr 41 Millionen zusammengeschrumpft.

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Nicht die einzige schlechte Nachricht. Lauterbach zeichnete ein pessimistisches Bild der aktuellen Lage im Bereich Long Covid. „Die Lage ist schlechter, als wir uns das erhofft hatten, noch vor einem halben Jahr“, sagte er. Er sei „überrascht und enttäuscht“, dass die Behandlung von Long Covid nicht die erhofften Fortschritte gemacht habe. Die Aussicht auf Heilung? „In vielen Fällen ungewiss.“

Die Lage ist schlechter, als wir uns das erhofft hatten, noch vor einem halben Jahr.

Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister

Viele Betroffene seien dauerhaft betroffen, „durchschlagende Therapien gibt es bislang nicht“. Dieser Situation müsse man sich jetzt stellen, die Betroffenen nicht im Stich lassen. Die Zukunft von Long Covid habe gerade erst begonnen, so Lauterbachs negative Prognose.

Das Long-Covid-Programm des Ministers umfasst drei Punkte. Auf einem neuen Internetportal sollen Empfehlungen zur Behandlung, Informationen zum Stand der Wissenschaft und Hinweise auf spezialisierte Ärztinnen und Ärzte abrufbar sein (www.bmg-longcovid.de). Für die Forschung mit Modellprojekten zur Versorgung und Behandlung von Betroffenen will das Ministerium von 2024 an 21 Millionen Euro als Förderung bereitstellen.

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Wegen der nun insgesamt geringer ausfallenden Summe gab sich Lauterbach zerknirscht. „Wenn die Haushaltslage sich verbessert, werden wir versuchen, die 100 Millionen zusammenzubringen“, sagte er. Der Minister kritisierte, dass die Pharmaindustrie bislang zu wenig zu Long-Covid-Behandlungen forsche. Im Herbst plant Lauterbach einen „Runden Tisch“ mit verschiedenen Akteuren.

5,7
Milliarden Euro soll der volkswirtschaftliche Schaden durch Long Covid pro Jahr bereits betragen.

Der Minister wies auf eine Studie der Universität Frankfurt am Main hin, wonach der volkswirtschaftliche Schaden durch Long Covid sich jetzt schon auf 5,7 Milliarden Euro pro Jahr summiere. Diese Summe werde weiter steigen, prognostizierte der Minister.

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Claudia Ellert, Sprecherin der Initiative Long Covid Deutschland (LCD), sagte dem Tagesspiegel, dass sie die Ankündigungen aus dem Bundesgesundheitsministerium zwar begrüße, jedoch nicht für ausreichend erachte. „Es sind weitere Fördermittel für die Versorgung und insbesondere auch die Grundlagen- und Therapieforschung dringend notwendig. Dies ist ein klarer Appell an die Bundesregierung.“

Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieser Erkrankungen belasteten die Gesellschaft in Deutschland langfristig. „Dem müssen sich alle relevanten Akteure gemeinsam entgegenstellen und Rahmenbedingungen schaffen, um die Erkrankungen zeitnah besser zu versorgen und in Zukunft hoffentlich ursächlich behandeln zu können.“

Die heute angekündigte Webseite und den Runden Tisch im Ministerium hätte der Minister bereits vor einem halben Jahr umsetzen können.

Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Die Maßnahmen kämen reichlich spät, hagelte es Kritik aus der Union. „Die heute angekündigte Webseite und den Runden Tisch im Ministerium hätte der Minister bereits vor einem halben Jahr umsetzen können“, sagte Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel. Stattdessen habe er wertvolle Zeit verstreichen lassen. „Die jetzt angekündigten Maßnahmen werden nicht reichen, um die Situation der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.“

Auch die Linke wurde deutlich. „Wieder einmal wird Karl Lauterbach seinem Ruf als Ankündigungsminister gerecht“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin Katrin Vogler dem Tagesspiegel. „Von 100 Millionen Steuermitteln, die er im Januar für die bessere Erforschung und Versorgung von Long Covid und ME/CFS versprochen hat, ist nur ein Fünftel übriggeblieben.“

Eine zentrale Informations- und Anlaufstelle für Betroffene und Behandler sei ein erstes wichtiges Hilfsmittel, um die Anzahl der wirklich Betroffenen seriös einschätzen und damit die Vergabe und auch die Schaffung von Reha-Plätzen effektiv steuern zu können, meinte der Virologe Martin Stürmer.

Es sei sehr wichtig, dass Long-Covid sachlich diskutiert und dargestellt werde, sagte er dem Tagesspiegel. Den Betroffenen werde noch viel zu oft unterstellt, dass ihre Symptome nichts mit der Infektion zu tun hätten. „Was jetzt passiert, ist ein erster, wichtiger, aber längst überfälliger Schritt, der vor allem nicht der letzte sein darf.“

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