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Friedrich Merz (l), CDU-Vorsitzender, und Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender, gehen nach der gemeinsamen Präsidiumssitzung von CDU und CSU zur abschließenden Pressekonferenz.

© dpa/Peter Kneffel

Unzufriedenheit mit der Ampel: „Bei solch miserablen Werten müssten CDU/CSU eigentlich bei 40 Prozent liegen“

Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend verlieren SPD, Grüne und FDP weiter an Vertrauen. Meinungsforscher Stefan Merz spricht von „dramatischen Zahlen“.

Vor Beginn der Sitzungsperiode im Bundestag verlieren die SPD, Grüne und FDP abermals an Vertrauen. Nicht einmal jeder Fünfte, nämlich nur noch 19 Prozent der Befragten, ist mit der Arbeit der Ampel-Koalition zufrieden, wie der Deutschlandtrend von Infratest Dimap in dieser Woche für die ARD ermittelt hat.

Das ist der Tiefpunkt für die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geführte Koalition seit ihrer Bildung Ende 2021. „Wir haben einen neuen Tiefstwert für die Ampel, für den Kanzler und einen Rekord für die AfD. Für die Koalition sind das dramatische Zahlen“, sagt Wahlforscher Stefan Merz (Infratest Dimap) dem Tagesspiegel.

AfD mit 22 Prozent auf Rekordhöhe

Wäre am Sonntag Bundestagswahl, erreichte die AfD 22 Prozent (plus ein Prozentpunkt seit dem August) – ein neuer Rekord. Die SPD käme auf nur noch 16 Prozent (minus eins), die Union auf 29 Prozent (plus zwei). Auf die Grünen entfielen derzeit 14 Prozent (minus eins). Die FDP wird auf sechs Prozent (minus eins) taxiert, die Linke unverändert auf vier Prozent.

„Die Unzufriedenheit mit der Regierung ist groß. Doch die Bürger trauen auch der Union als Opposition wenig zu“, sagt Wahlforscher Merz: „Bei solch miserablen Werten für die Koalition müssten CDU/CSU eigentlich bei 40 Prozent oder mehr liegen.“

Allen drei Ampel-Parteien stehe in Bayern und Hessen zwei extrem schwere Wahlen ins Haus.

Stefan Merz, Wahlforscher, Infratest Dimap

Mit den miesen Umfragewerten auf der Bundesebene müssen SPD, Grüne und FDP eine verschlechterte Ausgangslage für die Landtagswahlen in Bayern und Hessen befürchten. In fünf Wochen, am 8. Oktober, werden dort die Landtage neu gewählt. „Der Bundestrend entscheidet bei Landtagswahlen immer mit. Allen drei Ampel-Parteien stehen in Bayern und Hessen zwei extrem schwere Wahlen ins Haus“, sagt Merz.

In Hessen bewerben sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Grünen-Fraktionschef Tarek Al-Wazir (Grüne) um das Amt des Ministerpräsidenten.

Stimmung bei den Grünen ist mies

Durch den Stimmungs-Gegenwind im Bund schwinden für beide die Chance, den amtierenden Regierungschef Boris Rhein (CDU) abzulösen. „Für Tarek Al-Wazir und Nancy Faeser ist das Amt des Ministerpräsidenten in weiterer Ferne als noch vor einigen Monaten“, sagt Merz. 

In Umfragen zur Landtagswahl liegt die CDU in Hessen unangefochten vorn. CDU und Grüne koalieren in Hessen. Al-Wazir, der zum ersten Mal als Ministerpräsidenten-Kandidat antritt, würde die Regierung gern von vorn anführen. Die Stimmung bei den Grünen in Hessen aber ist längst schlecht.

„Die FDP muss in beiden Ländern um ihre parlamentarische Existenz fürchten“, sagt Wahlforscher Merz.

Sollten die Liberalen den Wiedereinzug in beide Landtage verpassen, wäre das für Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ein politischer Super-GAU. In Hessen erzielte die FDP bei der letzten Wahl 2018 7,5 Prozent, in Bayern 5,1 Prozent. Umfragen zu den Landtagswahlen deuten auf ein Scheitern der bayerischen FDP an der Fünf-Prozent-Hürde. Nach jetziger Lage spricht viel dafür, dass die Ministerpräsidenten Rhein und Markus Söder (CSU) weiter amtieren können.

Wirtschaft wichtigstes Thema, danach Migration

Die schlechte Stimmung in Deutschland macht den Wahlkämpfern der Regierungsparteien das Leben schwer. Drei Viertel der Deutschen (73 Prozent) halten die wirtschaftliche Lage für weniger gut beziehungsweise schlecht, ergab die Infratest-Umfrage.

Als vordringliche Themen nennen die Deutschen Wirtschaft (28 Prozent), Migration (21 Prozent), Umwelt/Klima (18 Prozent), Soziales (16 Prozent). Für eine Mehrheit der Deutschen (60 Prozent) geht die Einigung der Bundesregierung auf die Einführung der sogenannten Kindergrundsicherung in die richtige Richtung. Für jeden Dritten (33 Prozent) geht diese Maßnahme in die falsche Richtung. 

25
Prozent Zustimmung hat Kanzler Olaf Scholz (SPD), ergab der Deutschlandtrend von Infratest Dimap

Pistorius populär wie niemand sonst

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist der mit Abstand beliebteste Politiker, er kommt auf eine Zustimmung von 52 Prozent, minus zwei Prozentpunkte im Vergleich zum Juli. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kommt mit 37 Prozent (minus drei) auf Rang Zwei. Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner verbessert sich um drei Punkte, ist nun mit 32 Prozent dritt beliebtester Politiker.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) verliert deutlich um sechs Punkte auf 25 Prozent. Nur jeder Vierte also ist mit dem Kanzler zufrieden. Scholz ist damit weniger beliebt als die Linke Sahra Wagenknecht und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die auf jeweils 27 Prozent Zustimmung kommen. Noch unbeliebter als Scholz ist CDU-Chef Friedrich Merz (23 Prozent). Merz liebäugelt mit der Unions-Kanzlerkandidatur 2025, ebenso wie Bayerns Ministerpräsident Söder und NRW-Regierungschef Hendrik Wüst (CDU).

Die Zahlen von Infratest Dimap wurden von Montag bis Mittwoch erhoben, also teilweise parallel zur Klausur der Bundesregierung auf Schloss Meseberg. „Dass die Meseberg-Tagung die Stimmungslage generell verändert hätte, ist nicht zu erwarten“, sagt Wahlforscher Stefan Merz: „Schöne Bilder vor einer Schloss-Kulisse haben nicht die Kraft, die extrem schlechte Stimmung im Volk zu drehen.“

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