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Euref-Eigentümer Reinhard Müller Anfang des Jahres vor der Baustelle des Gasometers in Berlin-Schöneberg. Etwa 200 Millionen Euro hat das Bauprojekt gekostet.

© Tagesspiegel/David Heerde

Mein erster Job: Mit Waffeln finanzierte der Euref-Chef Müller sein Studium

Der junge Reinhard Müller verdiente mit wenig Aufwand eine Menge Geld. Heute ist er der Kopf hinter einem der wichtigsten Bauprojekte der Stadt.

Eine Kolumne von Alfons Frese

Reinhard Müller wusste frühzeitig, was er auf keinen Fall werden wollte: Bäcker oder Konditor. Den Wunsch des Vaters – eines Konditormeisters – konnte der junge Reinhard elegant umgehen, indem er sich bei einer Aufnahmeprüfung so dumm anstellte, dass er durchfiel. Selbst backen wollte Müller nicht, aber Backwaren verkaufen schon: belgische Waffeln. Damit finanzierte sich der Student einen Großteil des Studiums. Und es reichte auch, „um ab und zu ein paar Mädels auszuführen oder den Eltern Weihnachtsgeschenke zu kaufen“.

Der Erfinder und Eigentümer des Euref Campus hat am 11. Juli seinen 70. Geburtstag gefeiert. Wie viele andere Immobilienentwickler ist auch Müller in Berlin zu Wohlstand und Ansehen gekommen. Der Gasometer ist Müllers letztes Bauprojekt auf dem Euref am Rand der Roten Insel, zwischen Rathaus Schöneberg und Bahnhof Südkreuz.

Großprojekt Euref steht vor Vollendung

Mit 200 Millionen Euro verwandelt die Euref AG das Industriedenkmal aus dem Jahr 1910 in ein Bürohochhaus. Mitte 2024 werden rund 2000 Mitarbeitende der Bahn die 28.000 Quadratmeter, verteilt auf zwölf Geschosse, belegen. Im Erdgeschoss entsteht ein Kongresszentrum. Das Europäische Energieforum (Euref), wie Müller das Gelände vor 15 Jahren taufte, ist damit komplett.

Bei uns im Dorf haben alle Jugendlichen gearbeitet. Das hat keinem geschadet.

Reinhard Müller, Euref-Eigentümer

Reinhard Müller war ein mäßiger Schüler und musste sogar eine Klasse auf dem Gymnasium wiederholen. Aber er war kein Dummkopf und wurde frühzeitig von den Eltern angehalten, eigenes Geld zur Urlaubskasse beizutragen. Also verteilte der 14-Jährige Zeitungen und Werbeprospekte. „Bei uns im Dorf haben alle Jugendlichen gearbeitet“, erzählt Müller über die 1960er Jahre in einer Ortschaft zwischen Krefeld und Düsseldorf. „Das hat keinem geschadet.“

In unserer Serie berichten uns Persönlichkeiten aus der regionalen Wirtschaft in loser Reihenfolge über ihre ersten Jobs als Schüler oder Studenten.  

© Tagesspiegel

Wider Erwarten wird er nach dem Abitur bei der Werkkunstschule Krefeld angenommen. Im Aufnahmegespräch hat er die Ähnlichkeit des Häuserbaus (Architektur) mit der Konditorei (komplizierte Statik einer Hochzeitstorte) verglichen. „Der Professor fand das so bescheuert, dass er mich genommen hat.“

Das Gasometer im Jahr 2011. Das Baudenkmal wurde seither saniert und zu einem Bürohaus mit Kongresszentrum umgestaltet.

© dpa/Jens Kalaene

Neben dem Studium gab es genügend Zeit für erste Geschäfte, zumal am Wochenende. Der Vater verkaufte in seinem Laden auch belgische Waffeln. Und der Sohn hatte die Idee mit dem Direktvertrieb: Die Waffeln wurden mit Puderzucker bestäubt, dann drei Stück in eine Tüte gepackt, die Müller zusammen mit einem Kumpel auf Flohmärkten und Stadtteilfesten in der Gegend für zwei Mark unter die Leute brachte.

Die beiden Partner klappten die Bank in einem Renault A4 um und luden das Auto voll mit Waffeln. Heute wäre das vermutlich aus Gründen der Lebensmittelsicherheit und Hygiene kaum noch möglich.

2000 Mark im Monat

Damals funktionierte es prächtig, um die 2000 Mark fielen im Monat ab – für jeden der beiden Waffelhändler. „Wir haben das Zeug verkauft wie geschnitten Brot“, erinnert sich Müller. Die Marge war super: von zwei Mark blieb eine bei den Studenten. Und das Risiko war überschaubar: Die Waffeln, die die Jungspunde nicht loswurden, verkaufte der Konditormeister in seinem Geschäft.

Müller hat den Euref inzwischen zum Exportprodukt gemacht und baut einen ähnlichen klimaneutralen Park in seiner alten Heimat Düsseldorf. Auch für Zürich, Paris und Hamburg gibt es Pläne. Trotzdem geht der Euref-Macher erste Schritte in den Ruhestand und hat den Chefposten an seine langjährige Begleiterin Karin Teichmann übergeben.

Müller selbst verbringt zunehmend Zeit auf Mallorca und dem Golfplatz am Wannsee. Der Generationenwechsel scheint zu klappen, Tochter Sarah gehört seit diesem Jahr dem Vorstand an und der Schwiegersohn Julian (Müller: „ein Glücksfall“) dem Aufsichtsrat.

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