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Gregor Gysi (Die Linke) spricht während einer Pressekonferenz. (Archivbild)

© picture alliance/dpa

Update

Landesparteitag der Linken in Brandenburg: Gregor Gysi geht mit Bündnis Sahra Wagenknecht ins Gericht

Brandenburgs Linkspartei muss laut Umfragen um den Wiedereinzug in den Potsdamer Landtag fürchten. Zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl wurde Sebastian Walter gewählt.

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Jetzt erst recht, trotz mieser Umfragen und der neuen Konkurrenz des Wagenknecht-Bündnisses: Brandenburgs Linkspartei will mit Partei- und Fraktionschef Sebastian Walter als Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 22. September die Trendwende doch noch schaffen. Der 33-Jährige selbst zeigte sich auf der Landesvertreterversammlung unter dem Motto „...weil es möglich ist!“ am Samstag in Templin kämpferisch. „Die Linke ist nicht tot, die Linke lebt. Da ist noch Musik drin!“, sagte Walter.

Es gehe darum, dass die Linke eine „grundsätzlich andere Politik“ machen wolle, so Walter. Er rechnete mit der Kenia-Koalition ab. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rede von einer Gewinnerregion, was aber ein „Märchen“ sei. Die CDU unter Jan Redmann sei „rechts nicht ganz dicht“ und von der Regierungsbeteiligung der Grünen blieben am Ende der Wahlperiode „nur ein paar geförderte Lastenräder“. Er selbst habe bis zum 14. Lebensjahr gestottert, keine drei Sätze geradeaus sagen können, sagte Walter. „Ich weiß, wie es ist, keine Stimme zu haben! Deshalb will ich heute Stimme sein für die, die keine haben!“

Sebastian Walter, Spitzenkandidat der Linken.
Sebastian Walter, Spitzenkandidat der Linken.

© dpa/Monika Skolimowska

Die Aufstellung der Linke-Landesliste, von der die Zusammensetzung der künftigen Fraktion abhängt, war von Kampfkandidaturen begleitet. Ein Grund ist, dass die Linken aktuell keine Chance auf Direktmandate haben; nach letzten Umfragen liegen sie bei sechs Prozent und müssen womöglich sogar um den Wiedereinzug ins Parlament zittern. Auf den aussichtsreichen ersten sechs Listenplätzen setzt die frühere Regierungspartei allein auf das bisherige Personal – ohne neue Gesichter und Erneuerung, sodass die neue Fraktion weitgehend die alte wäre.

Nuthetal-Bürgermeisterin Hustig fällt durch

Nach Walter und Co-Spitzenkandidatin Katrin Dannenberg setzte sich auf Listenplatz 3 überraschend die Potsdamer Abgeordnete Isabell Vandré gegen die langjährige Nuthetal-Bürgermeisterin Ute Hustig durch, die auch dem Präsidium des Brandenburger Städte- und Gemeindebundes angehört. Vergeblich hatte Hustig auf konkrete sozial- und wohnungspolitische Erfolge in ihrer Gemeinde verwiesen: „Wir haben gezeigt: Linke können Wahlen gewinnen.“

Obwohl sie zu den wenigen Linke-Kommunalverantwortlichen überhaupt im Land gehört, scheiterte Hustig dann auch bei der Bewerbung um Platz 5 in der Stichwahl gegen die Linke-Abgeordnete und Innenpolitikerin Andrea Johlige. „Es war ein Angebot. Ein neues Gesicht hätte der Partei vielleicht gutgetan“, sagte Hustig.

Bei den Männern schaffte es der Prignitzer Thomas Domres, parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion und ein Liebling der Partei, ohne Gegenkandidaten auf Platz 4. Den Platz 6 sicherte sich der Neuruppiner Landtagsabgeordnete Ronny Kretschmar, der sich gegen Fritz Viertel durchsetzte, den Landeschef des Verkehrsclubs Deutschlands (VCD).

Abstimmung auf dem Landesparteitag in Templin.
Abstimmung auf dem Landesparteitag in Templin.

© dpa/Monika Skolimowska

Das Erstarken der rechtsextremen AfD, die nach Umfragen stärkste Partei im Land ist, zog sich durch viele der Reden auf dem Parteitag. „Ich möchte nicht, dass meine Kinder und Enkel einmal vor den Denkmälern der AfD-Gewaltherrschaft stehen“, sagte der Landtagsabgeordnete Andreas Büttner, der von den Genossen mehr Mut forderte. „Die Selbtsverzwergung muss aufhören!“

Der Templiner Bürgermeister Detlef Tabbert (Linke) sprach sich für ein Kurswechsel in der Migrationspolitik aus, und zwar nach dem Motto „Fordern und Fördern“. Er forderte zugleich eine andere Verkehrspolitik im Land nach dem Vorbild Templins, wo der städtische Nahverkehr seit Jahren für Bürger und Gäste kostenlos sein.

Als Gastredner auf dem Parteitag hatte Partei-Urgestein Gregor Gysi versucht, die Genossen aufzubauen und sich auch nicht durch den Zulauf für das Bündnis von Sahra Wagenknecht kirre machen zu lassen. „Sie sind gegangen, dafür sind die Separatisten selbst verantwortlich“, sagte Gysi. „Die Partei ist nicht unser Hauptgegner. Unser Hauptgegner ist die AfD.“ Er selbst sei ja eitel, aber eine Partei nach sich selbst zu benennen wie Wagenknecht, „das hätte nicht einmal ich mich getraut“. Innerhalb der Linken habe es in den letzten Jahren zu wenig Dialog zwischen Jung und Alt, zwischen Ost und West, aber auch eine Denunziationskultur gegeben, räumte Gysi ein.

Zugleich habe die Linke den Osten „als Herzkammer“ vernachlässigt, so Gysi. Nötig sei „ein gutes Ergebnis“ bei der Brandenburg-Wahl, vor allem aber in der momentanen „existenziellen Krise“ ein Wiedereinzug in den Bundestag 2025: „Unser Schicksal entscheidet sich zur Bundestagswahl.“

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