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Hier wird gebaut...

© IMAGO/Frank Peter / IMAGO/Frank Peter

Berliner Verbandschefin Maren Kern: „Günstigen Wohnraum bekommen wir nur vom Bund“

Die Vertreterin der Wohnungswirtschaft erklärt, warum sie sich über den schwarz-roten Koalitionsvertrag freut – warum er aber kaum zu mehr bezahlbarem Wohnungsneubau führen wird.

Frau Kern, wird mit einer schwarz-roten Koalition alles besser für die Wohnungswirtschaft in Berlin?
Die Ziele, die sich die neue Regierung setzt, sind sehr ehrgeizig und sehr engagiert. Insgesamt ist der Koalitionsvertrag geprägt von den Grundsätzen einer Beschleunigung und Vereinfachung, die Berlin dringend braucht. Außerdem gibt es deutliche Signale für ein stärkeres Miteinander. Das habe ich seit der Vorvorgängerregierung vermisst. In den eineinhalb Jahren der jetzt begonnenen Legislaturperiode hat man so ein Miteinander auch noch nicht richtig sehen können.

Wir müssen uns fragen, ob 6,50 Euro als Einstiegs-Quadratmetermiete für geförderten Wohnraum wirklich das Maß aller Dinge bleiben kann.

Maren Kern, Vorsitzende des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V.

Dabei wurde doch von Franziska Giffey und Andreas Geisel das Bündnis für bezahlbares Wohnen ins Leben gerufen, das auf das Miteinander zwischen Wohnungswirtschaft und Landespolitik setzen sollte...
Da gab es gute Ansätze, aber man hätte es an einigen Stellen geschmeidiger gestalten können. Wir haben viele Zielkonflikte in Berlin, und die werden bislang keiner Lösung zugeführt. Das gilt besonders für das Thema Neubau. Ich muss als Stadt definieren: Was geht vor?

Wir als Branche sind für Klimaschutz, wir sind für Umweltschutz, ich will das alles nicht in Abrede stellen. Nur: Wenn ich ein Gebäude brauche, dann muss ich es irgendwo hinsetzen und dann wird dadurch in vielen Fällen eine Grünfläche versiegelt, und das ist nicht unbedingt immer umweltfreundlich.

Die Entscheidung zugunsten einer Versiegelung von Boden für Wohnraum wird also unter einer künftigen schwarz-roten Regierung leichter fallen?
Es müssen klare Prioritäten gesetzt werden. Und das ist aus Sicht der wachsenden Stadt bezahlbarer Wohnraum.

Es ist genau dieser bezahlbare Wohnraum für Menschen mit geringen Einkommen und mittleren Einkommen, der in Berlin fehlt. Wird der neue Koalitionsvertrag dazu führen, dass mehr günstiger Wohnraum gebaut wird?
Die Rahmenbedingungen sind generell ausgesprochen schwierig und haben sich seit dem Angriffskrieg in der Ukraine nochmal deutlich verschlechtert. Da sehe ich bei vielen Bauenden eine berechtigte Zurückhaltung. Wir haben einen dramatischen Anstieg der Baupreise gehabt und sind jetzt teilweise bei 5.000 Euro pro Quadratmeter und das noch ohne den Preis für die Grundstücke, auf denen gebaut werden soll.

Damit kommen wir dann bei Kostenmieten heraus, die um die 14, 15 und 16 Euro liegen. Wenn Sie dann noch den Preis für die Grundstücke dazunehmen, dann ergeben sich eben Kostenmieten um die 18 bis 20 Euro. Das ist definitiv kein günstiger Wohnraum. Den würden wir nur über wirklich große Konjunkturprogramme des Bundes bekommen. Unser Bundesverband und wir haben genau das jetzt ja auch gefordert.

Die Maßnahmen, die CDU und SPD jetzt auf Landesebene ergreifen wollen, reichen also nicht aus, um wesentlich mehr günstigen Wohnraum zu schaffen für Berlin?
Ja, das wird schwierig werden. Auch wenn die beiden Parteien sich für den Koalitionsvertrag schon auf eine deutliche Ausweitung der Förderung von Wohnraum verständigt haben. Wir müssen uns fragen, ob 6,50 Euro als Einstiegs-Quadratmetermiete für geförderten Wohnraum wirklich das Maß aller Dinge bleiben kann. Im Koalitionsvertrag sehe ich erfreulicherweise, dass das nochmal überdacht wird. Die Einkommen sind ja insgesamt gestiegen in der Bundesrepublik und auch in Berlin. Für 6,50 Euro pro Quadratmeter ist definitiv kein Wohnungsneubau mehr zu schaffen. 7,50 Euro oder 8,50 Euro als Quadratmetermiete bei geförderten Wohnungen wären da eine realistischere Grundlage.

Sie freuen sich auch über die Pläne zur Genossenschaftsförderung.
Ich finde es einen sehr positiven Ansatz, dass Genossenschaften jetzt Grund und Boden erwerben können sollen. Das ist ja bislang nicht möglich gewesen. Städte wie Hamburg und Potsdam machen das aber bereits und wir haben uns in der Vergangenheit auch intensiv dafür eingesetzt. Da war ich positiv überrascht, dass das jetzt umgesetzt werden soll. Genossenschaften sind gemeinwohlorientiert und bauen günstige Wohnungen. Ich freue mich auch, dass der Anteil des gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkts auf 50 Prozent erhöht werden soll.

An welchen Punkten sehen Sie denn eine Beschleunigung für Baugenehmigungen?
Sehr positiv ist, dass die Koalition Leitlinien zur Nachverdichtung und Innenentwicklung erarbeiten will. Wenn es um eine Verdichtung geht, wird im Moment in jedem Bezirk und bei jedem Bauvorhaben immer wieder alles neu durchdekliniert. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass die unterschiedlichen Bezirke auch unterschiedlich prüfen und mit unterschiedlichen Begründungen Baugenehmigungen und Auflagen erteilen oder ablehnen. Und nun sollen eben Leitlinien entwickelt werden, die sozusagen als Blaupause in allen Bezirken und für viele Bauvorhaben angewendet werden können. Das ist ein Riesenfortschritt und kann vieles vereinfachen.

...hier an der Herrmann-Dorner-Allee in Berlin Adlershof sind die Wohnungen schon fertig. Die landeseigene Howoge hat neue Häuser gebaut.
...hier an der Herrmann-Dorner-Allee in Berlin Adlershof sind die Wohnungen schon fertig. Die landeseigene Howoge hat neue Häuser gebaut.

© IMAGO/Jochen Eckel/imago stock

Zuletzt noch zur Frage der Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen. Sie waren ja in der Vergangenheit immer skeptisch, was die Umsetzung des Volksentscheids angeht. Finden Sie es gut, dass es jetzt ein Rahmengesetz geben soll?
Ich stehe dem nach wie vor sehr, sehr kritisch gegenüber. Ich sehe unverändert dieses Damoklesschwert der Vergesellschaftung über Berlin hängen, weil sich der Prozess jetzt noch über so einen langen Zeitraum hinziehen soll. Ist das Thema in zweieinhalb oder drei Jahren geklärt? In den letzten Jahren hat es jedenfalls viele Investoren abgeschreckt.

Auch das Rahmengesetz ist Ihnen also noch zu viel Enteignung? Obwohl es um die Umsetzung eines demokratischen Abstimmungsergebnisses geht?
Auch durch ein Rahmengesetz bleibt Enteignung doch Enteignung. Und da bin ich nach wie vor der Auffassung, dass die verfassungsrechtlich nicht zulässig ist.

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