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Stephan Bröchler, Berliner Landeswahlleiter

© dpa/Uwe Anspach

Update

Reaktionen auf die Entscheidung zur Wahlwiederholung: Berlins Landeswahlleiter sieht Urteil als Ansporn

Die Entscheidung sei hilfreich für die Wahlorganisation auch kommender Wahlen, sagt Stephan Bröchler. Die Vorsitzenden der Parteien setzen sich für eine hohe Wahlbeteiligung ein.

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Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler zeigt sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur teilweisen Wahlwiederholung in Berlin zufrieden: „Ich empfinde das Urteil als sehr hilfreich, für die Organisation der Wiederholungswahl, aber auch für kommende Wahlen“, sagte er dem Tagesspiegel. Die Richter seien sehr differenziert vorgegangen.

„Für mich ist das Urteil auch ein Ansporn, dass wir mit unseren Reformvorhaben weitermachen“, sagte Bröchler, der am Dienstag zur Urteilsverkündung nach Karlsruhe gereist war. Das Landeswahlamt und die ständigen Bezirkswahlämter müssten nun zeitnah kommen. „Nur dann kommen wir aus dem Reparaturbetrieb heraus.“ Vieles von dem, was die Richter benannt hätten, habe man schon bei der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl im Februar berücksichtigt. „Aber jetzt haben wir es schwarz auf weiß.“

Mit Blick auf das Urteil sprach Bröchler von einem „Grundsatzurteil“. Besonders hilfreich sei, dass die Richter festgelegt hätten, dass eine Warteschlange an sich erstmal kein Wahlfehler sei, eine Wartezeit über eine Stunde aber als Indiz für mögliche Organisationsfehler, wie etwa nicht genügend Wahlkabinen oder Stimmzettel, gelten könne.

Auch wenn die Wahl nur in einigen Wahlbezirken wiederholt werden müsse, so sei trotzdem eine „große Anstrengung“ vonnöten, weil nur 55 Tage bis zum Wahltag blieben. Am 11. Februar soll gewählt werden.

Wahlausschüsse tagen am Mittwoch

Der Landeswahlleiter sieht eine seiner zentralen Aufgaben darin, für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu werben: „Wählen heißt immer auch, Verantwortung für die eigene Demokratie zu übernehmen“, sagte Bröchler.

Man sei im engen Austausch mit den Bezirken. „Ich denke, wir haben die Voraussetzungen, dass die Wahl gut gelingen wird, aber es ist noch viel Arbeit.“ Am Mittwoch kommen die Kreiswahlausschüsse und der Landeswahlausschuss zusammen, um die weiteren Schritte der Wahlorganisation in die Wege zu leiten.

Kai Wegner spricht von „Kraftanstrengung“

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sieht Berlin für die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl gut vorbereitet. Es sei „eine große Herausforderung und Kraftanstrengung zugleich“, eine Wahl innerhalb von 55 Tagen abzuhalten, „sowohl für die Parteien als auch und besonders für die Verwaltung“, sagte Wegner nach Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts.

Kai Wegner.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Er habe volles Vertrauen in den Landeswahlleiter Stephan Bröchler, dass die Wahlen reibungslos ablaufen werden. Der Berliner Senat habe mit ihm gemeinsam alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen, damit Wahlen in Berlin wieder funktionieren. „In einer funktionierenden Stadt müssen Wahlen ordnungsgemäß stattfinden“, betonte Wegner.

Wegner appellierte an alle Berliner in den betroffenen Bezirken, ihre Stimme abzugeben: „Alle Berlinerinnen und Berliner in den betroffenen Wahlbezirken rufe ich dazu auf, zur Wahl zu gehen und ihre Stimme abzugeben.“

Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sieht Berlin gut vorbereitet: „Berlin hat bei der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus gezeigt, dass es ordnungsgemäße Wahlen organisieren kann“, sagte sie. Der Landeswahlleiter habe ihre volle Unterstützung, auch diese Wiederholungswahl ordnungsgemäß durchzuführen.

Giffey: Zeichen setzen, dass Rechtsradikale in Berlin „keine Chance haben“

Die Landesvorsitzende der SPD Berlin, Franziska Giffey, sprach von einem „kurzen, aber intensiven Wahlkampf“, der nun bevorstehe. „Das Ziel aller demokratischen Parteien muss es sein, sich für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung einzusetzen, damit Berlin im Bundestag keine Stimmen verliert.“ Sie bat alle Berlinerinnen und Berliner, die von der Wiederholung der Wahl betroffen sind: „Nehmen Sie Ihr Wahlrecht wahr, geben Sie Ihre Stimme einer demokratischen Partei!“

Auch wenn die Wahl nur in einigen Gebieten der Stadt in acht von zwölf Bezirken wiederholt werden müsse, so gehe es doch auch darum, ein Zeichen zu setzen, dass Berlin demokratisch und weltoffen sei und Rechtspopulisten und Rechtsradikale „keine Chance haben“, sagte Giffey weiter.

Auch ihr Co-Parteivorsitzender Raed Saleh sagte: „Bei der nur teilweisen Wahlwiederholung werben wir auch für eine hohe Wahlbeteiligung, damit extreme Kräfte nicht gestärkt werden.“

Linke: Leute in den betroffenen Wahlbezirken haben „zweite Chance“

Die Landesvorsitzenden der Berliner Linken, Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer, zeigten sich erfreut, dass endlich Klarheit herrsche. Natürlich sei die erneute Wahl für alle Beteiligten eine enorme organisatorische Herausforderung. „Dafür haben die Leute in den betroffenen Wahlbezirken jetzt eine zweite Chance. Sie können mit ihrer Stimme entscheiden, was ihnen angesichts der aktuellen Situation, angesichts von Inflation und Kriegen wirklich wichtig ist“, sagten Brychcy und Schirmer.

Die Linken dürften mit am meisten gebangt haben, drohte bei einer kompletten Wahlwiederholung doch der Mandatsverlust aller im Bundestag vertretenen Linken. Dies scheint mit einer nur teilweisen Wiederholung der Wahl nun abgewendet.

Strukturelle Verbesserungen gefordert

Nina Stahr und Philmon Ghirmai, Landesvorsitzende der Berliner Grünen, sprachen von einer „Herausforderung“, die Wahlberechtigten zum Urnengang zu mobilisieren. „Aber gerade in Zeiten der sich zuspitzenden Krisen und wachsender Zustimmung für Rechtspopulismus gilt es Haltung zu zeigen und wählen zu gehen.“ Die Grünen seien inzwischen geübt im Winterwahlkampf, sagten sie weiter. Sie mahnten an, die Aufarbeitung des Wahldesasters von 2021 müsse weitergehen, strukturelle Verbesserungen müssten konsequent vorangebracht werden.

Die AfD-Landesvorsitzende Kristin Brinker begrüßte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. „In einer funktionierenden Demokratie müssen Wahlergebnisse frei von jedem Zweifel über ihr Zustandekommen sein“, sagte sie. Sie nannte es „bedenklich“, dass der Bundestag zunächst selbst darüber befinde, ob er rechtmäßig gewählt wurde, und mahnte Nachbesserung an.

Christoph Meyer, Landeschef der FDP Berlin und Bundestagsabgeordneter, sagte: „Es ist gut, dass jetzt Rechtsklarheit besteht, auch wenn die Wahlwiederholung 29 Monate nach der Bundestagswahl sicherlich zu Verzerrungen führen wird.“ Wichtig sei jetzt, dass sich alle politischen Akteure in Berlin darum bemühen, für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung im Februar zu werben. Denn jede Stimme, die nicht abgegeben werde, könne die Vertretung Berlins im Deutschen Bundestag zugunsten der übrigen 15 Bundesländer schmälern.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am Dienstag sein Urteil zur Bundestagswahl 2021 verkündet. Demnach muss in 455 von 2256 Berliner Wahlbezirken erneut abgestimmt werden. Die Wahlen in den betroffenen Wahlbezirken sollen voraussichtlich am 11. Februar stattfinden. (mit dpa)

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