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Floridas Gouverneur Ron DeSantis könnte von der Abwesenheit Donald Trumps profitieren.

© Reuters/Carlos Barria

TV-Debatte der Republikaner: Wer kann Trumps merkwürdige Entscheidung nutzen?

Top-Favorit Trump lässt die erste TV-Debatte der republikanischen Präsidentschaftsbewerber aus. Das könnte einen anderen Konkurrenten zur Zielscheibe machen.

Dieser Mittwochabend (US-Zeit) soll der inoffizielle Wahlkampfauftakt für die US-Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr werden. Die aussichtsreichsten Kandidaten der Republikanischen Partei treffen in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin bei einem vom Sender Fox News ausgerichteten TV-Duell aufeinander (21 Uhr Ortszeit, 3 Uhr MEZ).

Doch der Top-Favorit wird diesen Auftakt verpassen. Ex-Präsident Donald Trump bestätigte am Sonntag, dass er nicht teilnehmen möchte. Stattdessen hat er dem von Fox News geschassten und von ihm geschätzten Moderator Tucker Carlson ein Interview gegeben. Es soll parallel zur TV-Debatte auf dessen Twitter/X-Kanal ausgestrahlt werden.

Schaut man auf aktuelle Umfragen, wirkt die Entscheidung Trumps merkwürdig. Einer Erhebung der PR-Firma Firehouse Strategies zufolge wollen 66 Prozent der republikanischen Wähler, dass Trump mit den anderen Bewerbern diskutiert – unter seinen Anhängern sind es sogar 77 Prozent.

56
Prozent der republikanischen Wähler wollen Trump als Kandidaten ihrer Partei.

Aber Trump ist bekannt dafür, immer wieder für Überraschungen zu sorgen. Offenbar sieht er angesichts seines überwältigenden Umfragevorsprungs keinen Vorteil darin, sich den Fragen kritischer Moderatoren zu stellen. Laut einer aktuellen Umfrage des Emerson College wünschen 56 Prozent der republikanischen Wähler, dass der 77-Jährige Kandidat ihrer Partei wird.

Sein Fernbleiben lässt den acht Republikanern, die sich nach Angaben des Republican National Committee für die Debatte qualifiziert haben, Raum, sich und ihre Positionen auf nationaler Bühne zu präsentieren. Die wichtigste Frage lautet: Wer von ihnen geht als Sieger aus dem Abend hervor und kann damit näher an Trump heranrücken?

Verliert Floridas Gouverneur Ron DeSantis seinen Status als Top-Trump-Verfolger?

© Reuters/Brian Snyder

Spannend zu beobachten wird aber auch sein, wer den Ex-Präsidenten angesichts seiner zahlreichen juristischen Probleme kritisiert oder verteidigt. Schaffen es die Moderatoren etwa, Floridas Gouverneur Ron DeSantis eine klare Distanzierung von Trump zu entlocken?

DeSantis liegt bei den meisten Umfragen an zweiter Stelle. Erwartet wird, dass ihn das zur Hauptzielscheibe seiner Konkurrenten macht. Von seinem Vorsprung auf das restliche Bewerberfeld hat der 44-Jährige allerdings ohnehin schon einiges eingebüßt.

In den vergangenen Wochen hat er sein Wahlkampfteam verkleinert und neu aufgestellt. Der Mittwoch könnte zum Wendepunkt werden: Schafft DeSantis einen Neustart oder muss er seinen Rang als Topverfolger an jemand anderen abgeben?

Zum Beispiel an den 38-jährigen Biotech-Unternehmer Vivek Ramaswamy. Der Milliardär, der sich als „Anti Woke“-Aktivist inszeniert, legt seit einigen Wochen in Umfragen kontinuierlich zu und liegt bereits an dritter Stelle. Er gilt als guter Redner, verfügt allerdings über keine politischen Erfahrungen – weder innen- noch außenpolitisch.

Im Aufwind: Der Biotech-Unternehmer Vivek Ramaswamy, hier bei einer Konferenz in Atlanta, Georgia.

© Reuters/CHeney Orr

Auf die kann dagegen Mike Pence verweisen. Trumps ehemaliger Vizepräsident gilt zudem als Kandidat, der den Rückhalt der christlichen Rechten sichern kann.

Der 64-Jährige steht allerdings vor einem Dilemma: Einerseits wirbt er für sich damit, dass er nach der Wahl 2020 die Verfassung verteidigt und Trumps Druck widerstanden habe, das Ergebnis zu kippen. Dafür wird er von dessen Anhängern gehasst.

Trumps ehemaliger Vize Mike Pence

© AFP/Getty Images/Megan Varner

Gleichzeitig tut Pence sich schwer damit, sich klar von Trump zu distanzieren. So weicht er beispielsweise bislang der Frage aus, ob sein ehemaliger Chef im Fall einer Verurteilung aus dem Rennen ausscheiden müsste. Nutzt er nun die Chance, sich hier klar zu positionieren?

Alle Kandidaten kennen das Dilemma: Wie sollen sie auf Trump reagieren? Tim Scott, der einzige schwarze Republikaner im US-Senat, versucht ebenfalls, möglichst wenig über den Ex-Präsidenten zu sprechen.

Tim Scott ist der einzige schwarze Republikaner im US-Senat.

© REUTERS/CHENEY ORR

Der 57-jährige Senator aus South Carolina hofft stattdessen, mit einer deutlich positiveren Botschaft bei den Wählern punkten zu können. Seine Karriere beweise, dass der amerikanische Traum immer noch existiere, argumentiert er.

Das Fehlen Trumps sollte es möglich machen, dass Kandidaten bei Themen glänzen können, die ihnen wichtig sind, zum Beispiel in Wirtschaftsfragen.

Auch Nikki Haley wird zugetraut, ihrer Kampagne endlich mehr Schwung zu verleihen. Als Trumps ehemalige US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen könnte sie ihr Wissen bei außenpolitischen Themen wie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine oder dem Konflikt mit China unter Beweis stellen. Die Ex-Gouverneurin von South Carolina verfügt zudem über Regierungserfahrung.

Außenpolitisch erfahren ist die ehemalige US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley.

© Reuters/Cheney Orr

Ehemalige und amtierende Gouverneure sind generell gut vertreten bei der Debatte: Auch Chris Christie und Asa Hutchinson, die früheren Gouverneure von New Jersey und Arkansas, wollen aus dem Umfragekeller herausklettern, genauso wie North Dakotas Gouverneur Doug Burgum.

Trumps juristische Probleme gehen weiter

Themen gibt es genug, mit denen sie bei den republikanischen Wählern punkten und Unterschiede zu US-Präsident Joe Biden und seinen Demokraten herausstellen könnten: der Kampf gegen die Inflation, die wirtschaftliche Entwicklung oder die Lage an der Grenze zum Beispiel.

Oder dreht sich am Ende doch alles wieder um Trump? Während sich seine Herausforderer auf die Debatte vorbereiten, muss der sich um seine juristischen Probleme kümmern.

Im Bundesstaat Georgia, wo Trump vor wenigen Tagen gemeinsam mit 18 weiteren Personen im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug angeklagt wurde, hat das zuständige Gericht eine Kaution in Höhe von 200.000 Dollar (rund 184.000 Euro) festgesetzt. In den aktuell vier laufenden Strafverfahren ist es das erste Mal, dass eine solche Geld-Auflage bekannt wurde.

Staatsanwältin Fanni Willis hatte bei der Vorstellung ihrer Anklage gefordert, dass alle Angeklagten bis spätestens Freitagmittag Ortszeit im Bezirksgefängnis in Atlanta erscheinen müssen, um sich dort offiziell festnehmen, fotografieren und die Fingerabdrücke nehmen zu lassen. Dann müssen sie auch mindestens zehn Prozent ihrer Kaution in bar hinterlegen. Wie Trump in seinem Netzwerk Truth Social postete, will er am Donnerstag bei den Behörden in Atlanta vorstellig werden.

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