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Das Bundeskriminalamt, vertreten durch Präsident Holger Münch, will zusammen mit Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang und der Innenministerin Nancy Faeser (SPD) noch stärker den Fokus auf die Bekämpfung von Rechtsextremisten legen.

© dpa/Kay Nietfeld

Waffen, Netzhass, Finanzen: Innenministerin Faeser will neue Werkzeuge gegen Rechtsextremisten

Seit Wochen gehen Menschen auf die Straße, weil sie die Sorge vor Rechtsextremisten umtreibt. Wie gut sind die Pläne zum Schutz der Demokratie, die die Innenministerin vorstellt?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will eine „Früherkennungseinheit“ der Bundesregierung gegen ausländische Manipulations- und Einflusskampagnen aufbauen. Die Einheit soll zum Beispiel Kanäle und Plattformen, die in sozialen Medien Falschinformationen verbreiten, auch unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz löschen oder die falschen Inhalte durch Hinweise sichtbar machen. Wie die Einheit personell ausgestattet werden soll, wollte die Ministerin noch nicht sagen.

Außerdem spricht sich die Innenministerin für eine Änderung des Grundgesetzes aus, um das Bundesverfassungsgericht besser vor der Einflussnahme von Demokratiefeinden zu schützen. Im Besonderen geht es dabei um die Besetzung von Richterstellen. Auch die Bildung einer weiteren Kammer, in die politische Verfahren ausgelagert werden könnten, wie es bei der Justizreform in Polen geschehen ist, gilt als bedenklich.

Zu Faesers weiteren Vorschlägen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus gehört es, Ein- und Ausreisen von Rechtsextremisten so weit wie möglich zu verhindern. Außerdem sollen Nachforschungen zu Geldquellen rechter Netzwerke einfacher werden. 

Faesers Plan stockt wegen Kritik aus der Ampelkoalition

Mit diesem erweiterten Aktionsplan wollte die SPD-Politikerin den Finger in die Wunde legen. Denn schon im März vor zwei Jahren hatte sie zusammen mit Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang und Holger Münch vom Bundeskriminalamt ihren 10-Punkte-Plan gegen Rechtsextremismus vorgestellt.

Warum jetzt also diese Neuauflage in Zusammenarbeit mit dem Bundesverfassungsschutz und dem BKA-Präsidenten? Ganz einfach, weil die Innenministerin bei der Umsetzung einiger ihrer zehn Ideen an Grenzen stößt. Und die setzt in zwei Fällen der Koalitionspartner von der FDP.

Faeser hatte sich vorgenommen, Rechtsextremisten zu entwaffnen und wollte dazu das Waffenrecht ändern. Unter anderem für die laut der Ministerin in rechtsextremen Kreisen weitverbreiteten Armbrüste und Schreckschusspistolen soll dann ein Waffenschein nötig sein. Doch seit zwei Jahren steckt das Innenministerium in Verhandlungen mit den FDP-Ministern, das Kabinett hat Faesers Gesetzentwurf noch nicht verabschiedet.

Der FDP-Politiker Konstantin Kuhle wirft der Innenministerin vor, ihre eigenen Aufgaben aus dem Koalitionsvertrag nicht erledigt zu haben.

© Uwe Anspach/AFP

Dem Vernehmen nach hat besonders Bundesfinanzminister Christian Lindner als Jäger kein Interesse an einem schärferen Waffenrecht. FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle wirft Faeser hingegen vor, ihre Hausaufgaben nicht gemacht zu haben: „Der Bund muss sich stärker um die Bekämpfung des illegalen Waffenbesitzes kümmern. Deshalb enthält der Koalitionsvertrag das Vorhaben, die kriminal-statistische Erfassung von Schusswaffenkriminalität zu verbessern.“

Dazu sollte das Ministerium in der polizeilichen Kriminalstatistik und dem Lagebild zur Schusswaffenkriminalität zwischen legalen und illegalen Waffen unterscheiden. Das sei bisher nicht passiert. „Auf dieser Grundlage darf keine weitere Änderung des Waffenrechts erfolgen“, sagte FDP-Politiker Kuhle.

Auch das Demokratiefördergesetz, mit dem Projekte und Maßnahmen zur Demokratieförderung, Extremismusprävention und politischen Bildung verstetigt gefördert werden sollen, hängt. Allerdings im Bundestag. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Max Mordhorst erteilte dem Plan von Faeser und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) jetzt eine klare Absage.

„Das Demokratiefördergesetz wird in dieser Form nicht kommen“, sagte Mordhorst dem Tagesspiegel. „Ich hatte von Anfang an Zweifel, denn die Demokratie kann man weder verordnen noch sich mit Geld zurecht fördern.“ Die FDP plädiert für eine Extremismusklausel, um auszuschließen, dass linksradikale Projekte bedacht werden. Eine solche Klausel ist aber bisher nicht vorgesehen.

Aus der Regierung kommen viele Ankündigungen, aber es klemmt an der praktischen Umsetzung.

Heiko Klare, arbeitet in der Mobilen Beratung für Betroffene von Rechtsextremismus.

Kritik an der Blockadehaltung kommt unter anderem von Beate Küpper, Professorin an der Hochschule Niederrhein. „Ein Hindernis ist, wenn Demokratieschutz allein als eine rechtliche oder sicherheitsrelevante Angelegenheit verstanden wird – beides ist wichtig, es braucht aber auch die Aufmerksamkeit und die Kompetenz beispielsweise von Verwaltung und Medien, politische Angriffe auf die Demokratie von Rechtsaußen zu dechiffrieren“, sagte die Autorin einer Rechtsextremismus-Studie.

Heiko Klare, der beim Bundesverband Mobile Beratung für Aufklärung zu Rechtsextremismus zuständig ist, betonte, wie wichtig Faesers Vorhaben sind: „Viele Initiativen und Träger, die in letzten 20 Jahren in Bereichen wie Opfer- und Ausstiegsberatung professionell arbeiten, werden lediglich auf projektbezogener Basis gefördert.“ Die Mitarbeiter hätten häufig nur Jahresverträge.

„Ein gesetzlicher Rahmen wie das Demokratiefördergesetz würde zur Verstetigung und Längerfristigkeit führen“, sagte Klare dem Tagesspiegel. Er wünscht sich grundsätzlich mehr öffentliche Unterstützung der gesamten Bundesregierung für diesen Bereich. „Aus der Regierung kommen viele Ankündigungen, aber es klemmt an der praktischen Umsetzung.“

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