zum Hauptinhalt
Ein Mitarbeiter des Welternährungsprogramms (WFP) steht auf dem Dock neben dem Massengutfrachter Brave Commander, nachdem dieser im Hafen von Dschibuti angekommen ist.

© Foto: dpa/AP/Hugh Rutherford

Putin fordert Abbau von Sanktionen: Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine verlängert

Ukrainisches Getreide soll weiter sicher über das Schwarze Meer ausgeführt werden können. Doch der Kreml sendet ein Signal: Der Deal gilt nur für weitere 120 Tage.

Der Export von ukrainischem Getreide durch das Schwarze Meer zu den Weltmeeren kann vorerst weitergehen: Der Istanbuler Getreidedeal vom Juli werde um vier Monate bis Mitte März verlängert, erklärten die UN am Donnerstag nach Gesprächen mit der Türkei, der Ukraine und Russland in der türkischen Metropole.

Allerdings macht Russland nur unter Vorbehalt mit: Moskau besteht auf Erleichterung für eigene Exporte. Bei Bekanntgabe der Vertragsverlängerung am Donnerstag griff Russland die ukrainische Hafenstadt Odessa an – ein Warnschuss, wie schon kurz nach der ersten Einigung im Juli. 

Ohne Einvernehmen der Beteiligten wäre die Istanbuler Vereinbarung an diesem Samstag ausgelaufen. Der Deal hat seit dem Sommer den Export von rund elf Millionen Tonnen an Getreide und anderen landwirtschaftlichen Produkten ermöglicht und eine Hungerkrise in armen Ländern im Nahen Osten und in Afrika verhindert. Die Ukraine und Russland gehören zu den wichtigsten Getreide-Exporteuren der Welt. Nach Bekanntwerden der Vertragsverlängerung fielen die Preise an den internationalen Getreide-Märkten.

Lichtblick für Millionen Notleidende in diesen dunklen Zeiten.

Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne)

Mit dem Abkommen verpflichtet sich Russlands Präsident Wladimir Putin, keine Getreidefrachter im Schwarzen Meer angreifen zu lassen. Experten einer Kontrollstelle unter UN-Führung in Istanbul inspizieren die Schiffe am Bosporus. Im Oktober setzte Russland seine Teilnahme an der Vereinbarung vorübergehend aus. Auch dabei spielten Moskauer Forderungen nach besseren Bedingungen für russische Ausfuhren eine Rolle.

Die russische Regierung hatte im Juli eine Sondervereinbarung mit den UN getroffen, die den Schutz russischer Exporte vor europäischen und amerikanischen Sanktionen garantieren sollte. Der Kreml beklagt aber, dass die Exporte nach wie vor behindert werden. Die Beschwerden aus Moskau dürften ein Grund für die Vier-Monats-Frist vom Donnerstag gewesen sein: UN und Ukraine hatten eine Verlängerung um ein Jahr angestrebt.

Wie die Ukraine betont Russland sein Interesse an ungestörten Exporten, doch aus Sicht des Kremls hat die Vereinbarung auch Nachteile. So kann die Ukraine die Gewinne aus den Exporten in neue Waffen für den Krieg gegen Russland stecken. 

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gratulierte UN-Generalsekretär Antonio Guterres und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Auch Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) begrüßte die Verlängerung und nannte sie einen „Lichtblick für Millionen Notleidende in diesen dunklen Zeiten“.

Guterres erklärte, die Fortsetzung der Abkommen sei nötig, um die Preise für Nahrungsmittel und Düngemittel zu senken und eine weltweiten Nahrungsmittelkrise zu verhindern. Er bedankte sich bei der Türkei für deren Vermittlung. „Istanbul bleibt das Zentrum einer bemerkenswerten diplomatischen Errungenschaft.“

Russland fällt es immer schwerer, Schiffe für seine Ausfuhren zu finden

Wegen der westlichen Sanktionen fällt es Russland zudem schwer, Schiffe für seine Ausfuhren zu finden und die Bezahlung zu regeln. Vorige Woche konnte ein russischer Frachter mit 20.000 Tonnen Dünger an Bord nur nach Vermittlung durch die UN den niederländischen Hafen Rotterdam verlassen: Ein Mitarbeiter der beteiligten russischen Firma war mit EU-Sanktionen belegt.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will Russland helfen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will Russland helfen.

© Foto: Reuters/G20 Media Center/Aditya Pradana Putra

Deshalb drängte Moskau in den Gesprächen über eine Verlängerung des Istanbuler Deals mit türkischer Unterstützung darauf, russische Ausfuhren zu erleichtern. Zu den Forderungen gehörte die Öffnung einer russischen Ammonium-Pipeline, die über ukrainisches Gebiet führt, und die Wiederzulassung einer russischen Bank im internationalen Zahlungssystem Swift. Über diese Bank könnte dann die Bezahlung für russisches Getreide ohne Behinderung durch die Sanktionen abgewickelt werden.

Russland konnte sich mit seinen Positionen jedoch nicht durchsetzen, obwohl Außenminister Sergej Lawrow beim G20-Gipfel in den vergangenen Tagen noch mit Guterres gesprochen hatte. Erdogan hatte sich ebenfalls eingeschaltet. Dennoch kann Russland vorerst weiter kein Ammonium, das für Düngemittel gebraucht wird, durch die Pipeline schicken. Auch bleiben russische Banken aus Swift ausgeschlossen.

UN signalisieren, dass über Putins Forderungen verhandelt werde

Die UN signalisierten aber, dass nun mit Hochdruck über die russischen Forderungen gesprochen werden soll. Das Problem mit den Düngern müsse gelöst werden, erklärte die UN-Vertreterin Rebeca Grynspan. Guterres teilte mit, die Vereinten Nationen wollten „die noch bestehenden Hindernisse“ beim Export von Nahrungsmitteln und Dünger aus Russland beseitigen.

Moskau will die UN beim Wort nehmen. Russland wolle den Istanbuler Deal nicht zerstören, meldete die Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf das Außenamt in Moskau. Ein Abbau der westlichen Sanktionen gegen russische Agrarexporte sei jedoch unabdingbar. Mit der Befristung der Vereinbarung bis März behält sich Russland die Möglichkeit vor, den Deal aufzukündigen.

Erdogan will Russland helfen. Er kündigte an, sein Land werde Getreide aus Russland einführen, es zu Mehl verarbeiten und anschließend nach Afrika exportieren. Unklar blieb, ob türkische Firmen, die sich an einer solchen Vereinbarung beteiligen, in den Bannstrahl westlicher Sanktionen kommen. Die EU und die USA hatten die Türkei in den vergangenen Monaten mehrmals vor Geschäften mit Russland gewarnt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false