Der menschliche Herzschlag ist das Grundmaß aller Musik. Aus dieser Grundweisheit, die schon die mittelalterlichen Musiktheoretiker bewegte, hat der Niederländer Johan Wagenaar sein Kunstprojekt "kadoum" entwickelt: Die Herzfrequenzen von 16 Menschen wurden in Australien aufgezeichnet, via Mobiltelefon nach Berlin übermittelt und hier durch ein Computerprogramm in Noten, Worte und Wassertropfen übertragen.
Alle Artikel in „Kultur“ vom 14.09.2001
Das Kulturleben, das in New York in den Tagen seit der Katastrophe am World Trade Center fast völlig zum Erliegen gekommen war, ist am Donnerstag teilweise wieder aufgenommen worden. An den Broadway-Theatern gab es am Abend wieder Vorstellungen, in den Kinos liefen Filme, und im Lincoln Center wurde am Freitag Mozarts "Zauberflöte" zum Saisonbeginn der City Opera gespielt.
Der Kinobesuch in Deutschland ist nach dem Anschlag auf Amerika um etwa die Hälfte eingebrochen. Wie die Marktbeobachter von AC Nielsen EDI in München mitteilen, gingen am Dienstag, einem sonst wegen der in vielen Kinos halbierten Eintrittspreise besonders attraktiven Wochentag, nur 318 000 Menschen ins Kino (in den Vorwochen jeweils rund 560 000).
Schriftsteller, sagen böse Zungen, sind Leute mit Meinungen, die sie nichts kosten, für die sie aber bezahlt werden. Mag sein: Keine Meinung zu haben, ist jedenfalls ein Privileg, das man sich erkämpfen muss - vor allem, wenn man wie Susan Sontag Amerikas prominenteste Intellektuelle ist und von den Medien tagtäglich als opinion machine eingesetzt werden soll.
Seine letzte Szene im Kino, wie so oft in einer Nebenrolle, hat etwas Unauslöschliches. Er gab den Vater der verwirrten Gisela Elsner, er war der sanfte, schwache - und im wirklichen Leben auch schon kranke - Gegenpol der unerbittlichen Helga Göhring; er war die letzte zerbrechliche Hoffnung einer fast schon zerbrochenen Tochter, er war der Gute im gutbürgerlichen Elternhaus der "Unberührbaren" von Oskar Roehler: ein rührendes Denkmal der Vaterliebe, längst erfasst von einem größeren Strudel.
"Bergbaufolgelandschaften" nennt man in der Niederlausitz, was der über Jahrhunderte betriebene Abbau von Braukohle zurück gelassen hat: Eine zerstörte Landschaft, unwirtlich und vegetationslos. Der Tagebergbau hat ganze Regionen in eine Abfolge riesiger Erdlöcher mit steilen Abbruchkanten, Abraumberge mit Grundwasserseen verwandelt.
Der verbreiteten Ansicht, Berlins Modeszene habe sich seit den Neuanfängen in den Achtzigern nicht weiterentwickelt, wirken zehn knackfrische Labels mit einer fantasievoll aufbereiteten Show entgegen. Deren Titel, "Stilbruch", ist wörtlich zu nehmen.
Auf der "Tanzbaustelle Pfefferberg" tritt Minako Seki zur Tiefenbohrung an. Durch Oberflächen, Häute, Hüllen, Rinden und überhaupt alle erdenklichen Schichten hindurch will sich die Tänzerin und Choreografin zum Urgrund -sprich: zum Ich vorarbeiten.
Die experimentierfreudigste Literaturinstitution der Stadt feiert ihr zehnjähriges Bestehen mit einem überaus angemessenen Programm. Noch bevor um 16 Uhr Christa Wolf und Rafael Ángel Herra den Lesungsreigen starten, kann der Besucher durch Haus und Garten flanieren, Musik hören und sich beim Catering stärken.
Der aktuelle Bezug kam unerwartet und fügt sich den Bildern hinzu. Die Fotografin selbst aber zögert, die Porträt-Serie aus dem letzten Jahr von der neuen politischen Lage überlagern zu lassen.
Papa, sag mal, was meinst Du, gibt es Krieg?" Gott, was soll man antworten in diesen Tagen?
Als gewissenhafter Restaurator nähert sich der russische Dirigent Rudolf Barschai dem Fragment von Gustav Mahlers 10. Symphonie.
Der Schriftsteller Martin Walser wurde bei einer Lesung in Erfurt am Donnerstagabend in eine Rangelei mit linken Demonstranten verwickelt. Als die jungen Leute, die Walser Antisemitismus vorwarfen, bei einer Veranstaltung in der Reihe "Universitätslesungen mit dem MDR" in der Michaeliskirche das Mikrofon an sich brachten, versuchte der verärgerte Walser persönlich, sie vom Podium zu entfernen.
"Lieber ohne Schuh als ohne Buch" lautet ein isländischer Wahlspruch. Die Finnen sollen ganze Romane zum Frühstück verschlingen.
Zur Eröffnung der Ausstellung kündigten Joachim Blank und Karl Heinz Jeron Arbeiten an, die es noch gar nicht gibt: Das Berliner Künstlerduo hat gemeinsam mit Gerrit Gohlke vom Medienlabor des Künstlerhaus Bethanien ein Konzept entwickelt, dessen Resultat erst im Oktober zu sehen sein wird. Gefordert ist zunächst das Publikum.
Kado Isaburô gehört zu den großen Lackkünstlern Japans, und der Umgang mit dem "Urushi", dem zähen, karamelfarbigen Saft des Lackbaums, hat in Asien eine lange Tradition. Schon seit dem vierten vorchristlichen Jahrtausend werden in Japan Ess- und Trinkgefäße, Dosen, Kästen, Truhen mit Schichten aus Lack überzogen.