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Wenn es so etwas wie eine nationale Identität gibt (und natürlich gibt es sie, im Guten wie im Schlechten), dann haben "wir Deutschen" heute allen Grund, stolz zu sein, uns zumindest zu freuen, dass Günter Grass so hoch ausgezeichnet worden ist. Und wenn es stimmt, dass nationale Identität neben der Geschichte vor allem durch Sprache und Dichtung gestiftet wird, dann haben wir einen doppelten Grund, Günter Grass zu beglückwünschen.

Angesichts der Hundertschaften Klavier spielender Japanerinnen, die regelmäßig Preise bei internationalen Wettbewerben abräumen und anschließend sofort wieder in der Versenkung verschwinden, ist der Erfolg von Mitsuko Uchida doppelt bemerkenswert: Seit etwa fünfzehn Jahren gehört sie zu der kleinen Gruppe von Pianisten, deren Persönlichkeit sich bei einem großen Publikum als etwas Besonderes eingeprägt hat. Nicht nur durch ihr kristallines, linienbetontes Klavierspiel, sondern auch durch ihr so ganz unjapanisch wirkendes impulsives Temperament, das in Musikfilmen und Talkshows immer wieder fesselt: Erst barfuß mit chaotisch verwirbeltem schwarzen Haarschopf am Klavier, dann im Gespräch mit weit ausholenden Gesten, voller Emphase und ansteckender Begeisterungsfähigkeit von der Größe Mozarts, Schuberts und Debussys schwärmend.

Lebensecht zu wirken in äußerster Verfremdung, das macht den Reiz der japanischen Bunraku-Puppen aus. Sie sind bis zu 1,50 Meter groß, haben merkwürdig kleine Köpfe und sind prächtig eingekleidet.